Israel-Krieg: «Es gibt 30'000 Terroristen im Gazastreifen»
Die Anti-Terror-Expertin Eisin hält eine Bodenoffensive der israelischen Armee nach den Hamas-Angriffen für wahrscheinlich. Der Israel-Krieg werde lange dauern.
Das Wichtigste in Kürze
- Israel bereitet sich nach den Hamas-Angriffen auf eine mögliche Bodenoffensive vor.
- Einer Expertin zufolge sei das Ziel, in das Innere der Terror-Gruppe vorzudringen.
- Sie stellt sich auf einen langen Krieg ein.
«Wir bereiten uns auf ein Bodenmanöver vor, wenn es von der politischen Führung beschlossen wird», sagte ein israelischer Armeesprecher am gestrigen Mittwoch. Nach den Angriffen der radikalislamischen Hamas hat die Armee rund 300'000 Reservisten für den Israel-Krieg mobilisiert.
Doch wird die Armee tatsächlich in den Gazastreifen einmarschieren? «Ich denke, ja», sagt Miri Eisin im Gespräch mit der «Aargauer Zeitung». Die 60-Jährige ist Direktorin des Internationalen Instituts für Terrorismusbekämpfung in Tel Aviv. Zuvor diente sie mehr als zwei Jahrzehnte im Nachrichtendienst des israelischen Militärs.
«Die Art des beispiellosen Terror-Massakers der Hamas hat deren wahres Gesicht gezeigt», so die Anti-Terror-Expertin. «Wir müssen zu allen Zellen und Terroristen der Hamas gelangen, zu ihrer gesamten Infrastruktur. Das geht nur mit einer Bodenoffensive.» Einen genauen Zeitpunkt für den Beginn der Offensive könne sie nicht nennen, das Ziel hingegen schon.
Wenig Hoffnung für Geiseln
Es gehe nicht darum, den gesamten Gazastreifen zu erobern, betont Eisin. Vielmehr handle es sich um ein systematisches Vordringen in das Gebiet. «2,2 Millionen Menschen leben im Gazastreifen. Es ist kein leeres Gebiet, das von aussen durch Terroristen besetzt wurde.»
Und weiter: «Hamas hat 2007 die Macht übernommen. Sie sind nicht nur dort eingebettet, sie sind Teil der Gesellschaft.» Israel habe die Fähigkeit, in das Innere der Terrorgruppe vorzudringen.
«Es sind 30'000 Terrorristen im Gazastreifen», sagt sie. Trotz der hohen Opferzahlen unter den Angreifern seien sie immer noch im Land. «Man muss rein und sie finden.»
Die Hamas-Kämpfer halten über 100 Geiseln fest. Eine mögliche Befreiung hält Eisin für unrealistisch. «Die Top-Terroristen werden so nah an den Geiseln bleiben, wie sie können. Dort fühlen sie sich am besten geschützt.»
Eine weitere Gefahr gehe von der Hisbollah im Norden des Landes aus. Die aus dem Libanon stammende islamistisch Miliz sei zehnmal besser ausgerüstet als die Hamas. Dennoch rechnet Eisin derzeit nicht mit einem Angriff: «Sie werden nicht angreifen, denn wir sind zu gut aufgestellt und abwehrbereit. Grausamer als die Hamas könnten sie gar nicht sein.»
Israel-Krieg könnte lange andauern
Eisin geht davon aus, dass der Israel-Krieg noch lange andauern wird. Die Situation der Geiseln sei unklar. Offen sei auch, ob die Hisbollah noch eingreifen werde.
«Es ist nicht so, dass wir stoppen und es damit beenden könnten», so Eisin. «Sie werden Raketen auf uns schiessen, solange sie können.»