Die Schweiz äussert Besorgnis über UNRWA-Entscheid
Das israelische Parlament untersagt dem UNRWA ab nächstem Jahr die Arbeit im Land. Im Westen – und auch in der Schweiz – sorgt dies für Besorgnis.
Das Wichtigste in Kürze
- Das UN-Palästinenserhilfswerk muss seine Arbeit in Israel im kommenden Jahr einstellen.
- Das israelische Parlament billigte dazu einen umstrittenen Gesetzentwurf.
- Die Organisation dürfte damit auch ihre Einsätze in Gaza kaum fortsetzen können.
- Die Schweiz hat ihre Besorgnis über den UNRWA-Entscheid von Israel geäussert.
Die Schweiz hat ihre Besorgnis über den Entscheid Israels zum Ausdruck gebracht, die Arbeit des Palästinenserhilfswerks UNRWA zu verbieten. Man sei besorgt über die humanitären, politischen und rechtlichen Auswirkungen dieser Entscheide, heisst es in einer Stellungnahme des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst X.
Das Palästinenserhilfswerk UNRWA muss seine Arbeit in Israel im kommenden Jahr einstellen. Das israelische Parlament billigte einen umstrittenen Gesetzentwurf, der der Organisation die Tätigkeit auf israelischem Staatsgebiet untersagt. Dies bedeutet, dass die Organisation auch ihre Einsätze in den Palästinensergebieten kaum fortsetzen kann, weil Israel die Grenzübergänge kontrolliert.
Im israelischen Parlament, der Knesset, mit 120 Sitzen stimmten 92 Abgeordnete der Regierung und der Opposition für das Vorhaben. Damit wird die Arbeit des Palästinenserhilfswerks massiv eingeschränkt. UN-Generalsekretär António Guterres und wichtige westliche Verbündete Israels hatten sich klar gegen die Pläne ausgesprochen.
Jeglicher Kontakt mit UNRWA soll untersagt werden
Israel wirft der Organisation vor, einige seiner Mitarbeiter seien an Terroraktivitäten beteiligt gewesen, etwa an dem Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober im vergangenen Jahr. Eine zunächst vorgesehene offizielle Einstufung von UNRWA als Terrororganisation war nicht mehr Teil von zwei Gesetzentwürfen zu dem Thema auf der Knesset-Tagesordnung. Dennoch soll Behörden in Israel jeglicher Kontakt mit der Organisation untersagt werden, sobald das neue Gesetz in Kraft tritt. Dies soll binnen 90 Tagen nach seiner Veröffentlichung geschehen. Das Hilfswerk müsste jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium einstellen – dies betrifft vor allem den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems.
Vor der Abstimmung kam es im Parlament zu wütenden Debatten. Ein arabischer Abgeordneter sprach von einem «faschistischen Gesetz», Ziel sei die fortwährende Unterdrückung des palästinensischen Volkes. Die Initiatoren reagierten mit lautem Geschrei, eine Abgeordnete musste nach mehreren Mahnungen aus dem Saal entfernt werden.
Guterres: Katastrophe in einem schon jetzt kompletten Desaster
UN-Generalsekretär António Guterres hatte sich deutlich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Ein solches Gesetz würde die Anstrengungen, das menschliche Leid und die Spannungen im Gazastreifen – und auch im Westjordanland und in Ostjerusalem – zu lindern, «ersticken», warnte er. «Es wäre eine Katastrophe in einem jetzt schon kompletten Desaster.» Es werden vor allem im umkämpften Gazastreifen dramatische Auswirkungen für die Bevölkerung von rund zwei Millionen Menschen befürchtet, die auf die lebenswichtige Hilfe von UNRWA angewiesen sind.
Medien zufolge hatten auch Vertreter des israelischen Aussenministeriums Bedenken hinsichtlich der praktischen Konsequenzen geäussert. Im schlimmsten Fall drohe ein Ausschluss Israels aus den Vereinten Nationen. Das aber könnten die USA durch ein Veto im Sicherheitsrat verhindern.
Israel: UNRWA von der Hamas unterwandert
Israel hatte in der Vergangenheit immer wieder schwere Vorwürfe gegen UNRWA erhoben. Demnach sollen mehrere Mitarbeiter der Organisation in das Massaker vom 7. Oktober 2023 verwickelt gewesen und die Organisation als Ganzes von der Hamas unterwandert sein.
Westliche Verbündete hatten Israel vor UNRWA-Verbot gewarnt
Sieben westliche Länder hatten noch kurz vor der Entscheidung der Knesset ihre «tiefe Besorgnis» über die Gesetzespläne geäussert. In einer Erklärung forderten die Aussenministerinnen und Aussenminister Deutschlands, Frankreichs, Grossbritanniens, Kanadas, Australiens, Japans und Südkoreas die israelische Regierung «nachdrücklich» dazu auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen.
Die Vorrechte des UNRWA dürften nicht eingeschränkt werden, und humanitäre Hilfe und die Grundversorgung der Zivilbevölkerung müsse weiter ermöglicht werden. Die Ministerinnen und Minister betonten, UNRWA habe Schritte unternommen, um den Vorwurf der Unterstützung terroristischer Organisationen durch einzelne Mitarbeiter auszuräumen.
Palästinenser: Gesetz ist Bruch des Völkerrechts
Auch die palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland hatte die Entscheidung der Knesset im Vorfeld scharf kritisiert. Das Gesetz verletze das Völkerrecht und sei eine Provokation für die gesamte internationale Gemeinschaft.
Es könne keine Lösung des Konflikts ohne eine gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage im Einklang mit dem Völkerrecht geben, bekräftigte die Autonomiebehörde von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in einer Erklärung, die von der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa verbreitet wurde.