Turbulenzen: So viel Schadenersatz können Passagiere verlangen
Bei einem Flug der Singapore Airlines kam es zu heftigen Turbulenzen. Nach der Notlandung mussten über 70 Menschen ins Spital. Sie können Schadenersatz fordern.
Das Wichtigste in Kürze
- Heftige Turbulenzen sorgen auf einem Flug von London nach Singapur für Dutzende Verletzte.
- Sieben davon wurden schwer verletzt, 71 Fluggäste werden im Spital in Thailand behandelt.
- Der Schadenersatz-Anspruch könnte bei identischen Verletzungen unterschiedlich hoch sein.
Über 200 Menschen erlebten am Dienstagmorgen bei einem Flug von London nach Singapur den Albtraum eines jeden Flugpassagiers: Die Maschine der Singapore Airlines geriet in heftige Turbulenzen. Das Flugzeug sackte dabei um fast 2000 Meter ab.
Dabei kam ein 73-jähriger Brite ums Leben – er starb wohl an einem Herzinfarkt. Seine Frau und Dutzende andere Fluggäste erlitten Verletzungen, sieben davon schwere. Einige nicht angegurtete Passagiere sollen mit den Köpfen gegen die Kabinendecke oder die Gepäckfächer geprallt sein. Nach der Notlandung in Bangkok (THA) wurden 71 Menschen in ein Spital gebracht.
Klar ist schon jetzt: Die Verletzten haben Anspruch auf Schadenersatz, wie der «Spiegel» berichtet. Das «Montrealer Abkommen» von 1999 sehe vor, dass Reisende im internationalen Luftverkehr Entschädigung bei Unfällen, Gepäckverlust und Verspätungen erhalten.
«Kommt darauf an, in welchem Land eine Klage eingereicht werden kann»
Singapore Airlines muss demnach für die Turbulenzen haften – und zwar unabhängig davon, ob die Fluggesellschaft fahrlässig gehandelt hat oder nicht. Wie viel Geld sie aber an die Betroffenen auszahlen muss, könnte sich selbst bei identischen Verletzungen stark unterscheiden. Nach Einschätzung von US-Anwälten komme die Fluggesellschaft nicht um Schadenersatz bis zu einer Höhe von rund 160'000 Franken herum.
Klar ist: «In erster Linie kommt es darauf an, in welchem Land eine Klage eingereicht werden kann. Und wie dort Verletzungsansprüche bewertet werden», sagt Daniel Rose, Anwalt einer US-Kanzlei, die Fluggäste vertritt.
In den USA wurde Fluggästen schon über eine Million Franken für das durch starke Turbulenzen erlittene «emotionale Trauma» zugesprochen. In anderen Ländern erkennen die Gerichte in solchen Fällen aber deutlich weniger oder gar keinen Schadenersatz an.
Reiseziel und Wohnsitz spielen eine Rolle
Wo ein Schadenersatz-Anspruch geltend gemacht werden kann, hängt unter anderem vom Ort ab, an dem das Ticket gekauft wurde. Auch das Reiseziel und der Wohnsitz des Flugpassagiers spielen eine Rolle. So könnten laut Luftfahrtrechtsanwälten britische Passagiere mit einem Hin- und Rückflugticket von London nach Singapur vor britischen Gerichten Klage erheben.
Anders sieht es zum Beispiel für einen Fluggast aus Indonesien aus, der nur via Singapur nach Hause fliegen wollte. Dieser müsste seine Ansprüche in Indonesien geltend machen. Deswegen könnten Schadenersatz-Ansprüche für identische Verletzungen unterschiedlich hoch ausfallen.
So sei es laut Luftfahrtrechtsanwalt Curtis Miner auch 2013 beim Unfall eines Fliegers der Air Asia in San Francisco gewesen. «Die Passagiere kamen von überall her. Manche konnten ihren Fall in San Francisco vor Gericht bringen, andere nicht – obwohl sie ähnliche Verletzungen hatten.» Im aktuellen Singapore-Airlines-Fall stammen die meisten Fluggäste aus Grossbritannien, Australien und Singapur.