Verstösse bei Russlands Abstimmung über neue Verfassung
Russland stimmt derzeit über eine neue Verfassung ab, die unter anderem Kreml-Chef Vladimir Putin mehr Macht geben soll. Dabei häufen sich Fälle von Wahlbetrug.
Das Wichtigste in Kürze
- In Russland wird über eine Verfassungsänderung abgestimmt.
- Damit könnte Regierungschef Vladimir Putin bis 2026 regieren.
- Zurzeit werden mehrere Fälle von Wahlbetrug und Manipulation gemeldet.
Bei der Abstimmung über Russlands neue Verfassung, die Kremlchef Wladimir Putin die Macht sichern soll, häufen sich Beschwerden über Bürger-Nötigung. Es gebe bisher 113 Mitteilungen über einen möglichen Druck auf Wähler, ihre Stimme abzugeben. Dies sagte die Chefin der zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, nach Angaben der Agentur Interfax am Sonntag in Moskau.
Die meisten von diesen Beschwerden müssten ernst genommen werden. Die Wahlleiterin hatte kritisiert, dass es viele anonyme Beschwerden gebe und die Bürger dann aufgefordert, das offiziell zu melden.. Auch Präsident Putin hatte zuletzt davor gewarnt, die Wähler zu zwingen und die Ergebnisse zu schönen.
Anzeichen auf versuchte Wahlfälschung
Das Resultat müsse «absolut zuverlässig und legitim» sein. Mit Stand Sonntag lag die Wahlbeteiligung nach den Worten Pamfilowas bei 28,5 Prozent, knapp 31 Millionen Stimmen. Insgesamt sechs Tage lang, bis am 1. Juli können sich 110,5 Millionen Wahlberechtigte an dem Referendum beteiligen.
Die unabhängigen Beobachter der Organisation Golos listeten bis Sonntag Hunderte Verstösse bei der Abstimmung auf. Auf einem Video aus einem Wahllokal in St. Petersburg war zu sehen, wie zwei Mitarbeiterinnen dort Urnen mit Stimmzetteln vollstopften. Die beiden Frauen wurde entlassen und müssen mit einem Strafverfahren rechnen, wie Behörden mitteilten.
Regierung lockt mit grossen Preise an die Urnen
Beobachter wie die kremlkritische Zeitung «Nowaja Gaseta» berichten seit Tagen, dass manche Russen gedrängt würden, an dem Referendum teilzunehmen. etwa Lehrer, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sowie Beamte seien betroffen. In Moskau und anderen Regionen gibt es ausserdem grosse Gewinnspiele, um die Wähler an die Urnen zu locken.
Die Behörden machen Werbung für die ausgelobten Preise. In der Stadt Omsk freute sich die Leiterin eines Wahllokals über eine neue Wohnung als Gewinn. Die 59-Jährige sprach von einem «glücklichen Zufall». Kritik an der Lotterie, die Stimmen der Wähler würden auf diese Weise erkauft, hatten die Behörden zurückgewiesen.
Die Abstimmung läuft seit Donnerstag und endet mit einem arbeitsfreien Hauptwahltag am kommenden Mittwoch. Die Opposition wirft Putin, der vor mehr als 20 Jahren erstmals Präsident wurde, einen Verfassungsumsturz vor. Der 67-Jährige kann durch das neue Grundgesetz noch 16 Jahre bis 2036 an der Macht bleiben.