1000 Tage Ukraine-Krieg: Hier sieht es für die Ukraine schlecht aus
Über zwei Jahre ist es her, dass Russland die Ukraine überfallen hat. Der Angriffskrieg hält bis heute an – und hat bereits unzählige Menschenleben gekostet.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit 1000 Tagen herrscht wieder Krieg in Europa.
- Russland konnte in letzter Zeit kleine Gebietsgewinne an der Front verzeichnen.
- Das ukrainische Militär kämpft derweil mit einem Personalengpass.
In der Ukraine ist der 1000. Tag des russischen Angriffskriegs mit Sorgen um eine weitere Eskalation des Konflikts angebrochen.
An der Front stehen die ukrainischen Verteidiger schwer unter Druck. Die Städte des Landes sehen sich schweren Angriffen aus der Luft ausgesetzt. Zugleich beschuldigt Moskau den Westen der Eskalation.
Die Lage bleibt auch am 1000. Tag des Krieges angespannt – die Russen dringen vor.
Russische Armee nutzt Vorteile «gnadenlos» aus
In letzter Zeit konnte die russische Armee langsam aber stetig Gebiete an der Kriegsfront für sich gewinnen. Momentan laufen im Osten der Ukraine besonders erbitterte Gefechte um die an einem Stausee gelegene Kleinstadt Kurachowe im Gebiet Donezk.
Russischen Truppen ist es bereits gelungen, südlich und nördlich von Kurachowe nach Westen vorzustossen. «Die russische Armee spielt ihre Vorteile gnadenlos aus», sagt Militärexperte Marcel Berni gegenüber SRF.
Etwas weiter nördlich laufen Kämpfe östlich der ebenfalls in Donezk gelegenen Stadt Pokrowsk. Die Fortschritte der Russen hier sind allerdings gering.
Gefährlich zugespitzt hat sich die Lage hingegen noch weiter nördlich im Gebiet Charkiw. Dort konnte jüngst eine kleine Kolonne russischer Panzerfahrzeuge in die strategisch wichtige Stadt Kupjansk eindringen.
Auch wenn der Vorstoss mit der Aufgabe der russischen Soldaten endete, sahen Militärbeobachter erschreckende Schwächen im Verteidigungswall der Ukrainer. Sie warnten vor einer Wiederholung eines solchen Szenarios in grösserem Massstab.
Ukraine kämpft mit Personalengpass
Auch bei der ukrainische Offensive in der russischen Region Kursk sei das militärische Ziel nicht erfüllt worden, sagt Berni. «Die Ukraine wollte russische Truppen aus dem Donbass lösen und nach Kursk manövrieren», so der Forscher der ETH Zürich. Doch Moskau habe den Köder nicht geschluckt.
Das grösste Problem auf ukrainischer Seite sei jedoch der Personalengpass. «Die Ukraine kann es sich nicht leisten, so ‹verlusttolerant› wie die Russen zu kämpfen», so Berni. Es sei nicht gelungen, das strukturelle Personalproblem zu lösen.
Moskau berichtet von hohen Verlusten Kiews
Zahlen über Opfer im Krieg sind immer mit höchster Vorsicht zu geniessen. Das russische Verteidigungsministerium hat jedoch eine – nicht zu überprüfende – Zählung veröffentlicht. Die ukrainischen Streitkräfte sollen demnach seit Kriegsbeginn vor exakt 1000 Tagen über 900'000 Gefallene und Verwundete beklagt haben.
Allein in diesem Jahr habe Kiew mehr Soldaten verloren als in den beiden ersten Kriegsjahren, behaupten russische Behörden. Die Gesamtverluste Kiews wurden bisher mit insgesamt 906'500 Toten und Verwundeten beziffert.
Opferzahlen in solchen Konflikten lassen sich in der Regel nicht unabhängig verifizieren. Weder Moskau noch Kiew haben bisher genaue Zahlen zu ihren jeweiligen Verlusten bekannt gegeben.
Zuletzt hatte die «New York Times» unter Berufung auf US-Geheimdienstquellen berichtet, dass bisher bereits 57'000 ukrainische Soldaten gefallen seien. Dies entspreche etwa der Hälfte der Verluste auf russischer Seite, hiess es.
Die russischen Verluste wurden zuletzt von der Nato auf über 600'000 Tote und Verwundete beziffert. Westliche Geheimdienste sprachen von 200'000 Toten und 400'000 Verwundeten in den russischen Reihen.