Bimmeln für den Brexit: Streit um Big Ben weitet sich aus
Das Wichtigste in Kürze
- Der Streit um den Glockenschlag von Big Ben zum Brexit nimmt immer skurrilere Züge an.
Der Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage, warf dem britischen Premierminister Boris Johnson am Freitag vor, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben.
Der Regierungschef hatte am Dienstag zu Spenden ermutigt, um für die geschätzten Kosten von 500.000 Pfund (rund 587.000 Euro) aufzukommen. Der Uhrturm des Parlaments wird derzeit aufwendig restauriert. Der Glockenschlag ist deshalb nur zu besonderen Anlässen wie Silvester zu hören.
Auf einer Spenden-Plattform unter dem Motto «Big Ben must bong for Brexit» im Internet gingen bis Freitagabend mehr als 225.000 Pfund (umgerechnet 264.000 Euro) ein. Inzwischen distanzierte sich die Regierung aber von dem Vorhaben. Es handle sich um eine Angelegenheit des Parlaments, und das habe angedeutet, keine Spenden für diesen Zweck annehmen zu wollen, sagte ein Regierungssprecher.
«Ich kann schon sehen, wie wir auf der ganzen Welt verspottet werden: Grossbritannien verlässt die EU und sie können nicht einmal eine Glocke läuten», klagte Farage.
Grossbritannien wird am späten Abend des 31. Januar (23 Uhr Ortszeit) offiziell aus der EU ausscheiden. Einige Brexit-Hardliner wollen, dass dafür die grosse Glocke im Uhrturm des Parlaments ertönt. Der zuständige Parlamentsausschuss hatte sich aber wegen der hohen Kosten dagegen entschieden. Unter anderem müsste ein seit dem letzten «Bong» an Silvester entfernter Holzboden wieder eingezogen werden.
Brexit-Hardliner Farage und andere sehen darin jedoch einen Vorwand. Der Chef der Brexit-Partei will am Abend des 31. Januar ein Fest vor dem Parlament veranstalten und dabei notfalls eine Aufnahme des berühmten Glockenschlags abspielen lassen. Big Ben heisst streng genommen nur die grosse Glocke im Uhrturm des Parlaments, im Volksmund wird der ganze Turm so bezeichnet.
Die Regierung kündigte am Freitag an, der Tag des Austritts solle dazu genutzt werden, die Wunden der Spaltung zu heilen. Dazu solle am 31. Januar eine spezielle Kabinettssitzung im Norden Englands stattfinden, bei der es darum gehen werde, wie Wohlstand und Chancen im ganzen Land verteilt werden können.
Am Abend werde sich Premierminister Johnson in einer Rede an die Nation wenden. Am Regierungssitz werde das Ereignis unter anderem mit einem auf die Mauern von Downing Street projizierten Countdown begangen. Auch umliegende Gebäude sollen angestrahlt werden und der Union Jack von allen Fahnenmasten am Platz vor dem Parlament wehen. Ausserdem werde eine 50-Penny-Gedenkmünze mit der Aufschrift «Frieden, Wohlstand und Freundschaft mit allen Völkern» in Umlauf kommen.
Eine ähnliche Münze war bereits für den Brexit-Termin am 31. Oktober 2019 geprägt worden. Eine Million Exemplare mussten dann eingeschmolzen werden, nachdem der EU-Austritt verschoben wurde.