CDU-Politiker kritisieren Scholz' Zögern in der Panzerfrage
Die Bundesregierung hält sich in der Debatte über die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine bedeckt. Die Union kritisiert, das Kabinett wirke «kopflos». Zur Seite springt Scholz der luxemburgische Aussenminister.
Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere CDU-Politiker haben das anhaltende Zögern der Bundesregierung hinsichtlich der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine scharf kritisiert.
Die Regierung hänge mit den Entscheidungen hinterher «und verspielt so viel Vertrauen bei unseren Partnern», sagte der Verteidigungspolitiker Henning Otte der Deutschen Presse-Agentur. Statt mit Führungsstärke jene Staaten zu einem abgestimmten Handeln zu bewegen, die über Leopard-Panzer verfügten, bremse Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nur «und isoliert so Deutschland». Eine weitere Verzögerung dürfe es nicht geben.
«Wenn Scholz sich nicht in der Lage sieht, Entscheidungen zu treffen und Führung zu zeigen, muss ein Koalitionsausschuss einberufen werden, damit endlich eine Klärung erfolgt», forderte Otte. Seine Parteikollegin Serap Güler, ebenfalls Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags, beklagte in der «Bild»-Zeitung, die Regierung verschwende weiterhin wertvolle Zeit. «Wenn sich die SPD nicht weiter lächerlich machen will, sollte sie endlich ihrem eigenen Anspruch, Führungsnation zu sein, Rechnung tragen.»
Die CDU-Aussenpolitikerin Katja Leikert sagte der Zeitung, das Kabinett wirke bei der Frage «kopflos». «(Aussenministerin Annalena) Baerbock sagt in Paris hü, danach in Brüssel hott. (Wirtschaftsminister Robert) Habeck stellt sich offen gegen die Linie des Kanzleramts. (Verteidigungsminister Boris) Pistorius will eine Liste anfertigen lassen, die schon lange vorliegt.»
Der Druck der Ukraine und der westlichen Verbündeten auf Deutschland in der Kampfpanzer-Debatte ist gross. Die Bundesregierung hat sich bislang zur Lieferung des Schützenpanzers Marder entschlossen, eine Entscheidung über den Kampfpanzer Leopard 2 steht aber noch aus.
«Der Feind heisst Putin»
Der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn nahm Scholz in Schutz. «Der Feind ist nicht Bundeskanzler Scholz, der Feind heisst Putin. Und darauf sollten wir uns konzentrieren», sagte Asselborn am Montagabend im ZDF-«heute-journal». Er wies darauf hin, dass Scholz zu der von Kiew seit Monaten geforderten Lieferung von Leopard-Panzern noch nicht Nein gesagt habe, aber eben auch noch nicht Ja. Im Übrigen sei Deutschland in dieser Frage in der EU auch nicht so isoliert, wie es in deutschen Medien teilweise dargestellt werde. Es gebe auch andere «grosse Länder und Grenzländer», die zögerten, diesen Schritt zu machen.
Mehrere EU-Staaten hatten die Bundesregierung am Montag beim Aussenministertreffen in Brüssel teils sehr deutlich kritisiert. Polen kündigte an, Deutschland um eine Genehmigung für die Lieferung von in Deutschland hergestellten Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu bitten – machte aber deutlich, notfalls auch ohne Erlaubnis in einer kleinen Koalition Leopard-2-Panzer liefern zu wollen.
Aussenministerin Baerbock wich bei dem EU-Aussenministertreffen der Frage aus, ob die Bundesregierung einen Antrag auf die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern aus anderen Ländern schnell bewilligen würde. Am Vortag hatte die Grünen-Politikerin in einem Interview zu den polnischen Plänen gesagt: «Wir wurden bisher nicht gefragt und (...) wenn wir gefragt würden, würden wir dem nicht im Wege stehen.»
Asselborn erwartet Frühjahrsoffensive Russlands
Die Ukraine braucht nach eigenen Angaben «einige Hundert» Kampfpanzer für die angestrebte Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. «Jeder Panzer, der kampffähig ist, muss heute an unserer Front sein», schrieb Präsidentenbürochef Andrij Jermak am Montag beim Nachrichtenkanal Telegram. Ohne einen Sieg der Ukraine mit einer Rückkehr zu den Grenzen von 1991 und der Bestrafung Russlands werde es weder eine stabile Entwicklung noch eine klare Weltordnung geben.
Der luxemburgische Minister Asselborn sagte, er erwarte eine grossangelegte Frühjahrsoffensive Russlands und gehe davon aus, «dass auch der deutsche Bundeskanzler das im Kopf hat». Dann müsse Europa und müsse der Westen bereit sein, militärische Ausrüstung und auch Panzer zur Verfügung zu stellen, «damit die Ukraine nicht überrollt wird» und nicht Hunderttausende Menschen dort sterben. Er sagte, die Rede sei von etwa 300 benötigten Panzern möglichst eines Typs. Und wenn man sich umschaue, sei dies eben der Leopard, der so massiv in Europa präsent sei. Es gebe 2000 Leopard-Panzer in Europa.
Die Ukraine wehrt seit elf Monaten eine russische Invasion ab. Kiew ist dabei finanziell und rüstungstechnisch nahezu vollständig vom Westen abhängig. Zuletzt hatte Kiew aus Tschechien modernisierte Panzer sowjetischer Bauart erhalten. Grossbritannien, Polen und Finnland stellten Kiew westliche Panzer, darunter Leopard aus deutscher Produktion, in Aussicht.
Stoltenberg wirbt für Waffenlieferungen
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte in der Kampfpanzer-Debatte die Einheit der Nato und warb erneut für mehr Waffenlieferungen. Seit Beginn des Krieges vor knapp einem Jahr habe es in der Allianz «ein noch nie da gewesenes Level an Unterstützung» gegeben, inklusive Deutschlands, sagte Stoltenberg am Montag im TV-Sender Welt auf die Frage, ob das Bündnis in einer entscheidenden Phase des Krieges gespalten sei. Es gebe jetzt einen Konsultationsprozess, welche Art Ausrüstung man der Ukraine liefern sollte. Manchmal brauche es auch etwas Zeit, um vertraulich mit den Alliierten zu konsultieren. Er begrüsse sämtliche Ankündigungen rund um die Kampfpanzer seitens der Alliierten.
Die US-Regierung lässt in der Debatte nach aussen keine Spannungen mit Deutschland erkennen. Deutschland sei ein treuer und verlässlicher Partner, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums in Washington, Ned Price, am Montag. Die Lieferung von Militärgütern sei eine souveräne Entscheidung eines jeden Partners. Und Deutschland habe schon viel Hilfe geleistet, sagte Price. Er deutete aber an, dass sich die Position Deutschlands mit Blick auf die Leopard-Panzer womöglich bald ändern könnte. «Wenn ich die Schlagzeilen lese, dann habe ich den Eindruck, dass wir von unseren deutschen Partnern in den kommenden Stunden oder Tagen mehr hören könnten», sagte Price.