Chef von Atlantia tritt nach Brückeneinsturz von Genua zurück
Beim Einsturz der Autobahnbrücke von Genua kamen Dutzende Menschen ums Leben. Nun verlässt der Chef das Unternehmen Atlantia, das die Autobahnen kontrolliert.
Das Wichtigste in Kürze
- Über ein Jahr nach dem Brückeneinsturz von Genua tritt Giovanni Castellucci zurück.
- Der Atlantia-Chef erhält eine Abfindung in der Höhe von 13 Millionen Euro.
- Das Unternehmen ist indirekt für die Kontrolle der Autobahnen zuständig.
Über ein Jahr nach dem Einsturz der Autobahnbrücke in Genua mit 43 Toten ist der Vorstandschef der Holding Atlantia zurückgetreten. Und bekommt eine Abfindung in Millionenhöhe.
Giovanni Castellucci erhalte im Zuge einer Aufhebungsvereinbarung rund 13 Millionen Euro. Das teilte Atlantia vorgestern Dienstagabend nach einer Sitzung des Führungsgremiums mit.
«Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, (das Unternehmen) zu verlassen. Es ist im Interesse aller», sagte der 60 Jahre alte Manager der Zeitung «Corriere della Sera» (Mittwoch).
Atlantia ist Muttergesellschaft von Autostrade
Atlantia wird von der Familie Benetton kontrolliert und ist die Muttergesellschaft von Autostrade per l'Italia. Zu deren Streckennetz gehört die im August 2018 eingestürzte Morandi-Brücke in Genua. Grund für den Einsturz sollen auch Wartungsmängel gewesen sein.
Der Wiederaufbau hat begonnen und soll im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Vor allem die in Italien mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung will Autostrade und der Familie Benetton die Konzession für das Autobahnbetreiben entziehen.
Leitende Mitarbeiter unter Hausarrest
Nach der Genua-Katastrophe hatte die Polizei auch andere Autobahnbrücken aus dem Autostrade-Netz unter die Lupe genommen. Als Ergebnis der Ermittlungen wurden vorigen Freitag zwei leitende Mitarbeiter von Autostrade sowie ein Führungsmitarbeiter eines Tochterunternehmens unter Hausarrest gestellt.
Sechs weitere wurden für ein Jahr vom Dienst suspendiert. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, geschönte Berichte verfasst und den wahren Zustand der Strecken verschleiert zu haben.
«Alle unter Schock»
Castellucci hatte Atlantia seit 2006 geführt. Die vereinbarte Abfindung wird ihm nach Angaben seiner Firma in vier Raten über die kommenden zwei Jahre ausgezahlt.
«Es ist eine Woche, in der wir alle unter Schock stehen. Wegen all dem, was aus den Mitteilungen der Justiz hervorgeht. Wir hoffen, dass es sich aufklärt», sagte Luciano Benetton, Chef der Benetton-Gruppe.
Autostrade per l'Italia betreibt gut 3000 Kilometer und damit etwa die Hälfte des italienischen Autobahnnetzes. Atlantia hält 88 Prozent an Autostrade und wird von der Familie Benetton kontrolliert. Atlantia hält auch Anteile am Baukonzern Hochtief. Bis zur Ernennung eines neuen Vorstandschefs führt ein fünfköpfiges Komitee das Unternehmen an.