Im März will Wladimir Putin erneut zum russischen Präsidenten gewählt werden. Dafür macht er ordentlich Wahlkampf – auch wenn er eigentlich keine Gegner hat.
Wladimir Putin
Wladimir Putin gibt sich im Wahljahr volksnah. Er will die Bevölkerung mobilisieren und eine möglichst hohe Wahlbeteiligung erzielen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Wladimir Putin will bis 2030 russischer Präsident bleiben.
  • Der Kremlchef ist haushoher Favorit – geht aber dennoch auf Stimmenfang.
  • Experten erklären, weshalb er den Aufwand trotz (fast) sicheren Sieges auf sich nimmt.
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2024 ist ein wichtiges Wahljahr. Nicht nur die USA wählen ihren Präsidenten – auch in Russland wird das Amt besetzt. Wobei in Moskau die Favoritenrolle deutlich klarer verteilt ist als in Washington. Mit Wladimir Putin – dem «Ewigen Putin» – kann es eigentlich nur einen Sieger geben.

Trotzdem befindet sich der Kremlchef im Wahlkampf. Am vergangenen Mittwoch war Putin im Osten Russlands zu Besuch. Dabei betonte er unter anderem, dass er noch fit genug sei für das Amt. Doch weshalb betreibt Putin diesen Aufwand überhaupt, wenn die Wahl ohnehin schon sicher scheint?

Russland Wladimir Putin
Wladimir Putin besuchte am 11. Januar die Stadt Chabarowsk.
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Ein Tag zuvor war er in Anadyr.
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Die Wahlkampftour im Osten soll dem Kremlchef noch mehr Stimmen einbringen.
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Dies, obwohl er der Entscheidung im März relativ entspannt entgegenblicken kann.
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Denn das Amt des Kremlchefs ist in der Regel nur für Putin erreichbar.

Russland-Experte Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen erklärt gegenüber Nau.ch: «Es ist nicht ganz einfach, 50 Millionen Stimmen in Russland für Putin zu mobilisieren.»

Denn entscheidend ist nicht in erster Linie der Wahlsieg, wie Schmid ausführt: «Fast wichtiger als die Stimmen für Putin ist die Wahlbeteiligung.» In Russland sind Wahlen nämlich hauptsächlich dazu da, die allgemeine Zustimmung zum System Putin zu bestätigen.

Allerdings habe Putin in den letzten 20 Jahren die Russinnen und Russen eher depolitisiert, so Schmid: «Der Vorteil besteht darin, dass er weniger mit Protesten rechnen muss. Der Nachteil besteht darin, dass die Menschen bei Wahlen eher zu Hause bleiben.»

Kreml erwartet «glänzenden Wahlsieg»

Auch der Ukraine-Krieg spielt eine Rolle, sagt Nicolas Hayoz von der Universität Freiburg. Putin wolle zeigen, «dass die grosse Mehrheit hinter ihm steht und er alles ‹unter Kontrolle› hat».

Schon nur die Durchführung der Wahlen an sich sei wichtig, erklärt Hayoz: «Man beachte den Unterschied zur Ukraine, wo Wahlen wegen des Kriegs nicht durchgeführt werden.»

Dazu kommt, dass der Kreml den Schein der Demokratie aufrechterhalten wolle. Dazu gehört eben auch ein «Wahlkampf», wie Hayoz ausführt. «Auch eine Diktatur braucht den Schein von Legitimität, also dass das Volk hinter Putin steht.»

Würden Sie Wladimir Putin wählen?

Bei der letzten Wahl im Jahr 2018 waren die Zahlen gemäss Schmid schon eher am «unteren Limit». Damals erhielt der Präsident 77,5 Prozent der Stimmen – die Wahlbeteiligung lag bei 67,5 Prozent.

Gemäss Hayoz will Putins Entourage in diesem Jahr einen «glänzenden Wahlsieg von mindestens 80 Prozent». Die Mobilisierung der Wählerinnen und Wähler ist dementsprechend wichtig.

Ein gewisses Risiko besteht in dieser Hinsicht nämlich immer. Hayoz sagt: «Putins Umfragewerte sind hoch. Aber Experten schliessen die Möglichkeit nicht aus, dass im Falle eines unvorhergesehenen Ereignisses Putins Resultat tiefer sein könnte.»

Das könnten Geschehnisse an der Front in der Ukraine sein oder auch eine Krise in Russland selbst.

Experten: Wahlkampf in Russland ist nicht echt

Klar ist laut Schmid in jedem Fall, dass es ein ungleicher Wahlkampf ist: «Die Konkurrenten sind Wahlkosmetik und spielen die Rolle von Statisten.» Wladimir Putin sei dagegen allgegenwärtig in den Staatsmedien.

Auch Hayoz betont: «Von einem echten Wahlkampf kann nicht die Rede sein.» Die zugelassenen Gegenkandidaten seien «völlig harmlos». Die Wahlkommission habe bisher von insgesamt elf Kandidierenden drei chancenlose Anwärter zugelassen.

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Jekaterina Dunzowa wurde die Registrierung zur Präsidentenwahl verwehrt. Sie darf nicht gegen Wladimir Putin antreten. - dpa

Zwei Kandidierende aus der wirklichen Opposition seien dagegen abgelehnt worden.

Ein Beispiel für eine nicht zugelassene Kandidatin ist die Kremlgegnerin Jekaterina Dunzowa. Als offiziellen Grund für den Ausschluss nannte die Wahlkommission Formfehler.

Die beiden Russland-Experten sind sich indes einig, dass Wladimir Putin höchstpersönlich Wahlkampf betreibt. Spekulationen über allfällige Doppelgänger seien «Verschwörungstheorien», sagt Hayoz. Auch Schmid hält den Einsatz von Doubles für «unwahrscheinlich».

Wladimir Putin seit 2000 an der Macht

Die Präsidentschaftswahl in Russland findet erstmals in der Geschichte über drei Tage statt, vom 15. bis am 17. März.

Über 30 Kandidierende haben laut der Wahlkommission ursprünglich ihre Ambitionen angemeldet. Nicht alle von ihnen haben dann aber tatsächlich die Dokumente eingereicht und sich offiziell beworben.

Als klarer Favorit gilt in jedem Fall Wladimir Putin. Bei einem Sieg könnte der 71-Jährige bis 2030 weiterregieren. Der Kremlchef ist mit einem kurzen Unterbruch von 2008 bis 2012, wo er Ministerpräsident war, seit 2000 im Amt.

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