EU-Gericht kippt milliardenschwere Forderung der EU-Kommission im Steuerstreit mit Apple
Der US-Technologieriese Apple hat im Streit mit der EU-Kommission um eine milliardenschwere Steuernachzahlung einen Erfolg vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) errungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Irland und US-Konzern begrüssen Entscheidung.
Die Brüsseler Behörde sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Apple für seine Tochterfirmen in Irland unrechtmässige Steuervergünstigungen erhalten habe, entschied das Gericht am Mittwoch. Der US-Konzern und die irische Regierung begrüssten die Entscheidung. (Az. T-778/16 und T-892/16)
Der erstinstanzliche EuG musste die Forderung der Kommission an Irland prüfen, von Apple 13 Milliarden Euro zurückzufordern. Gegen diesen Beschluss klagten sowohl der iPhone-Hersteller als auch Irland. Gegen das Gerichtsurteil können nun noch Rechtsmittel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt werden.
Hintergrund ist, dass Apple seit Jahrzehnten einen grossen Teil seines internationalen Geschäfts über Irland laufen lässt. Dabei soll Apple - so der Vorwurf der EU-Kommission - durch eine Vereinbarung mit der irischen Regierung die Besteuerung von nahezu sämtlichen Gewinnen vermieden haben, die das Unternehmen durch den Verkauf seiner Produkte im EU-Binnenmarkt erwirtschaftete.
Die Kommission in Brüssel hatte deshalb im August 2016 die milliardenschwere Nachzahlung für den Zeitraum von 2003 bis 2014 gefordert, weil es sich ihrer Ansicht nach um unrechtmässige Steuervergünstigungen handelte. Irland und auch Apple erhoben dagegen Nichtigkeitsklagen vor dem EU-Gericht.
Der EuG entschied nun, dass die EU-Kommission zu Unrecht festgestellt habe, dass den Apple-Unternehmen Apple Sales International (ASI) und AppleOperations Europe (AOE) in Irland ein «selektiver ökonomischer Vorteil» und damit im weiteren Sinne auch Staatshilfe gewährt worden sei. Zudem habe die Kommission fälschlicherweise geschlussfolgert, dass die irischen Steuerbehörden ASI und AOE eine Vorteil verschafft hätten, indem sie Lizenzen für geistiges Eigentum des US-Konzerns nicht den irischen Töchtern zugeordnet hätten.
Ein wesentlicher Punkt in dem Steuerstreit ist, dass Apple argumentiert, dass der Konzern praktisch alle Forschung und Entwicklung für seine Produkte in den USA betreibe - und deshalb auch vor allem dort Steuern zahle.
Am Mittwoch betonte Apple nach dem EuG-Urteil, dass es nicht darum gehe, «wie viel Steuern wir zahlen, sondern wo von uns verlangt wird, sie zu zahlen». Apple sei stolz darauf, «der grösste Steuerzahler auf der Welt» zu sein, erklärte ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Der Konzern sei sich der «wichtigen Rolle» bewusst, die Steuerzahlungen in der Gesellschaft spielten. Im vergangenen Jahrzehnt habe Apple mehr als 100 Milliarden Dollar (umgerechnet derzeit rund 88 Milliarden Euro) an Körperschaftsteuern gezahlt und Milliarden an weiteren Steuern.
Das irische Finanzministerium begrüsste die Gerichtsentscheidung ebenfalls und betonte, es habe keine Sonderbehandlung für die beiden Apple-Firmen gegeben.
Das EuG-Urteil fällt mitten in die Debatte über die Besteuerung grosser Technologiekonzerne. Seit Jahren laufen vor dem Hintergrund, dass US-Unternehmen wie Facebook, Apple oder Google in Europa bislang kaum Steuern zahlen Gespräche, innerhalb der EU eine Digitalsteuer einzuführen. Entsprechende Versuche waren aber am Widerstand mehrerer EU-Staaten im vergangenen Jahr gescheitert.
Unter anderem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte in diesem Zusammenhang auf laufende Verhandlungen auf OECD-Ebene verwiesen. Noch im Februar zeigte er sich zuversichtlich, in diesem Jahr eine internationale Lösung in Zusammenarbeit mit den USA zu finden. Die US-Regierung hatte im Juni jedoch unter Verweis auf die Corona-Pandemie eine «Pause» bei den Verhandlungen angekündigt.
Steuerexpertin Tove Ryding von der Nichtregierungsorganisation Eurodad erklärte, die Gerichtsentscheidung im Fall Apple demonstriere, wie schwierig es sei, die EU-Regeln zu Staatshilfen für Steuererhebungen zu nutzen. «Wenn wir ein angemessenes System zur Unternehmensbesteuerung hätten, würden wir nicht länger Gerichtsverfahren brauchen, um herauszufinden, ob es für multinationale Konzerne legal ist, weniger als ein Prozent Steuern zu zahlen.»
Apple erklärte, die Frage, wie die Besteuerung der Unternehmensgewinne multinationaler Konzerne zwischen verschiedenen Ländern aufgeteilt werde, erfordere eine «globale Lösung». Der Konzern wolle dazu ermutigen, die Arbeit daran fortzusetzen.