EU

EU-Gipfel droht Streit über Migrationspolitik

DPA
DPA

Belgien,

Beim heute beginnenden EU-Gipfel sind Migration, der Ukraine-Krieg und der Wagner-Aufstand Thema. Selenskyj wird per Video zugeschaltet.

Menschen aus Eritrea, Libyen und dem Sudan warten in einem Holzboot auf die Helfer einer spanischen Nichtregierungsorganisation.
Menschen aus Eritrea, Libyen und dem Sudan warten in einem Holzboot auf die Helfer einer spanischen Nichtregierungsorganisation. - Joan Mateu Parra/AP/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Am heute beginnenden, zweitätigen EU-Gipfel droht Streit wegen der Migration.
  • Ungarn und Polen drohen, eine Reform des Asylwesens zu blockieren.
  • Auch der Aufstand der Wagner-Söldner wird thematisiert werden.

Der letzte reguläre EU-Gipfel vor der Sommerpause droht von neuem Streit über die Asylpolitik überschattet zu werden.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban bekräftigte kurz vor der zweitägigen Zusammenkunft heute und morgen in Brüssel, dass sein Land sich an der geplanten Verteilung von Flüchtlingen in der EU nicht beteiligen und auch keine Ausgleichszahlungen leisten werde. Ähnlich hatte sich zuvor bereits die polnische Regierung geäussert.

Orban
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. - AFP

Beide Länder stellen sich damit gegen die Pläne für eine weitreichende Reform des europäischen Asylsystems. Diese war vor knapp drei Wochen per Mehrheitsentscheidung bei einem EU-Innenministertreffen auf den Weg gebracht worden. Neben einer Pflicht zur Solidarität in Notsituationen sehen sie zahlreiche Ergänzungen und Verschärfungen der aktuellen Regeln vor, um illegale Migration zu begrenzen.

Ungarn und Polen als Wackelkandidaten

Vorgesehen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Sie sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.

Über die Pläne sollen in Kürze Verhandlungen mit dem Europaparlament beginnen. Also Risiko gilt nun allerdings, dass Ungarn und Polen aus Protest gegen die Mehrheitsentscheidung der Innenminister andere Entscheidungen oder Erklärungen blockieren, bei denen einstimmige Beschlüsse erforderlichen sind. Bei EU-Gipfeln zum Beispiel ist Einstimmigkeit immer erforderlich.

Flüchtlinge auf Boot.
Migration ist ein immer wiederkehrendes Thema bei EU-Treffen. - keystone

Orban warb zuletzt dafür in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico» dafür, dass Flüchtlinge ausserhalb des EU-Gebiets auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten sollen. «Leider sind wir Europäer nicht in der Lage, das zu regeln», sagte der konservative Politiker.

Debatte über strenge Bedingungen

Schwierige Gespräche werden auch zur geplanten stärkeren Zusammenarbeit mit Tunesien in der Migrationspolitik erwartet. Es gibt nach Angaben von Diplomaten vor allem in Italien Unmut darüber, dass Länder wie Deutschland geplante Finanzhilfen für den Staat in Nordafrika an strenge Bedingungen knüpfen wollen.

Rom befürchtet demnach, dass die Regierung in Tunis bei zu strengen Auflagen nicht zu mehr Hilfe im Kampf gegen illegale Migration bereit sein könnte. Präsident Kais Saied, der einen zunehmend autokratischen Kurs fährt, lehnte so vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderte Reformen zuletzt ab.

Relevant ist die Zusammenarbeit mit Tunesien, weil der Staat derzeit sowohl ein bedeutendes Herkunfts- als auch ein bedeutendes Transitland für unerwünschte Migration über das Mittelmeer in die EU ist. Nach Zahlen der Vereinten Nationen kamen über Tunesien allein in diesem Jahr schon mehr als 30'000 Menschen in Italien an.

Söldneraufstand in Russland im Fokus

Zentrales Thema bei dem Gipfel sollen laut der offiziellen Agenda Beratungen zur weiteren Unterstützung der Ukraine sein. Erwartet wird zudem ein Austausch über den Aufstand von Söldnergruppen-Chef Jewgeni Prigoschin und seiner Wagner-Truppe in Russland. Bis heute ist unklar, was für Auswirkungen die Ereignisse vom Wochenende auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben und warum sich Prigoschin letztlich entschied, den Aufstand wieder abzubrechen.

putin
Jewgeni Prigoschin liess sich auf eine offene Konfrontation mit Wladimir Putin ein. - keystone

Zumindest am Rande dürfte zudem die anhaltende Blockade Ungarns von EU-Geldern für Waffen-Lieferung an die ukrainischen Streitkräfte thematisiert werden. Die Regierung in Budapest protestiert damit nach Angaben von Diplomaten dagegen, dass die Ukraine die ungarische OTP Bank auf eine Liste mit Unterstützern des russischen Angriffskriegs gesetzt hat.

Selenskyj per Videoschalte dabei

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll heute Nachmittag zeitweise per Video zum Treffen zugeschaltet werden. Mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist zudem vor dem offiziellen Gipfelbeginn ein Arbeitsessen zu europäischen und globalen Sicherheitsfragen geplant. Für Deutschland wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Brüssel erwartet.

Am zweiten Gipfeltag wird es unter anderem um die China-Politik der EU und Wirtschaftsthemen gehen. Angesichts der Abhängigkeit von der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt sollen Risiken im China-Geschäft und in den Lieferketten verringert werden.

Weiterlesen

Sergej Surowikin Putin
3 Interaktionen

Mehr in News

Gotthard
1 Interaktionen
2 Interaktionen

Mehr EU

Bundesrätin Karin Keller-Sutter
54 Interaktionen
Bargeld horten Russland
55 Interaktionen
1 Interaktionen

Mehr aus Belgien

Elon Musk
9 Interaktionen
2 Interaktionen
Victor Orbán Russland Sanktionen
20 Interaktionen