Der Name der Stadt fällt nicht. Aber Chemnitz ist allgegenwärtig an diesem Abend. Der Bundespräsident fordert: «Flagge zeigen».
Bürgerfest des Bundespräsidenten im Park von Schloss Bellevue in Berlin.
Bürgerfest des Bundespräsidenten im Park von Schloss Bellevue in Berlin. - EPA

Das Wichtigste in Kürze

  • Frank-Walter Steinmeier mahnte indirekt an die Ereignisse in Chemnitz (D).
  • Ausserdem zog er Parallelen zur Situation in der Weimarer Republik.
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Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts rechtsextremer Übergriffe vor einer Verachtung der Demokratie gewarnt und an das Scheitern der Weimarer Republik erinnert. «Wir haben auch Hass erlebt, sogar Gewalt auf offener Strasse», sagte er heute Freitag in Berlin vor dem Hintergrund der Ereignisse in Chemnitz (D). Bei der Eröffnung des Bürgerfestes im Park von Schloss Bellevue verurteilte er, dass Menschen bedroht würden, «weil sie Obdachlosen oder Flüchtlingen helfen, oder weil sie schlicht und einfach den Mund aufmachen». Dagegen müsse die Gesellschaft «Flagge zeigen», sagt er unter dem Beifall der vielen ehrenamtlich engagierten Gäste.

«Gegen grundlose Wut, gegen Demokratieverachtung, die es gelegentlich gibt, wollen wir zusammenstehen», betonte Steinmeier. In der Demokratie müsse gestritten werden, notfalls auch laut, aber es gehe nicht ohne den Willen zur Verständigung und nicht ohne Respekt. Wer rufe «Das System muss weg», müsse an die Folgen erinnert werden, die die Verachtung der ersten Demokratie auf deutschem Boden hatte.

«Verleumdet nicht die Demokratie als System»

«Ich rufe Ihnen zu: Verleumdet nicht die Demokratie als System», sagte Steinmeier. Die Bundesrepublik sei das freieste und demokratischste Land, das es je auf deutschem Boden gegeben habe. «Ein Land mit unserer Geschichte darf das niemals vergessen.»

Zum Bürgerfest eingeladen waren rund 4000 Menschen, die sich durch ihr ehrenamtliches Engagement verdient gemacht haben. Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender wollten ihnen mit dem Fest dafür danken, dass sie «mit Mut und Entschlossenheit gesellschaftliche Herausforderungen angehen und sich für andere Menschen einsetzen».

Man solle sich nicht einschüchtern lassen

Eine offene Gesellschaft, sagte Steinmeier weiter, leugne nicht ihre Schattenseiten. Sie müsse Offenheit auch für Kritik und abweichende Meinungen zulassen. «Aber einschüchtern lassen darf sie sich nicht», betonte er. «Und deshalb ist es gut, dass Menschen nicht nur gegen etwas auf die Strasse gehen; es ist gut, dass sich auch diejenigen, die für Demokratie und Zusammenhalt stehen, zeigen.»

Partnerländer des Bürgerfestes in diesem Jahr sind Italien und Sachsen. Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer zählte deshalb zu den Gästen. Seine Rede sei keine Botschaft an ein Land oder an eine Stadt, sondern an alle, sagte Steinmeier später. Das Bürgerfest sei eine Versammlung von Menschen, die sich gegen die Spaltung der Gesellschaft und gegen Polarisierung richte. «Das trägt auch der sächsische Ministerpräsident mit.»

Am Abend stand ein Auftritt der italienischen Sängerin Gianna Nannini auf dem Programm. Am Samstag steht das Bürgerfest unter dem Motto «Tag des offenen Schlosses». Alle Bürgerinnen und Bürger sind dazu eingeladen.

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