Impfung: Rückschläge im Kampf gegen Polio

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Genève,

Europa ist 20 Jahre Polio-frei. Anderswo auf der Welt sieht es aber anders aus – vielerorts wurde die standardmässige Impfung während der Pandemie gestoppt.

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Eine junge Frau bekommt eine Impfung. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Polio gilt in Europa seit 20 Jahren als ausgestorben.
  • Wegen der Pandemie wurde die Standard-Polio-Impfung vielerorts ausgesetzt.
  • Die WHO will jedes Jahr bis 2026 370 Millionen Kinder impfen, um das Virus auszulöschen.

Melik Minas war nicht mal drei Jahre alt, als er sich 1998 in der Türkei mit dem heimtückischen Poliovirus ansteckte. Der Junge erhielt keine Impfung und bekam Kinderlähmung.

Melik, der sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) später etwas erholte, erlangte Berühmtheit: Er war der offiziell letzte Fall von Polio in Europa. Wenige Jahre später, am 21. Juni 2002, erklärte die WHO ihre Europa-Region mit mehr als 50 Ländern für Polio-frei.

Der 20. Jahrestag ist ein Meilenstein, aber es sieht nicht in aller Welt rosig aus. Das Ziel, nach der Ausrottung der Pocken 1980 auch Polio zur Geschichte zu machen, wurde bislang verfehlt. Immer neue Konflikte, die Vertreibung von Bevölkerungen, Migration und die Corona-Pandemie dürften es in weitere Ferne gerückt haben.

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Am 21. Juni 2002 erklärte die WHO ihre Europa-Region für polio-frei. Eine Person erhält eine Impfung. - Julian Stratenschulte/dpa

Impfung wegen Pandemie nicht mehr verabreicht

Die standardmässige Impfung gegen Polio sei in den Pandemie-Jahren in vielen Ländern unterbrochen worden. Das sagt Oliver Rosenbauer von der Polio-Ausrottungsinitiative der WHO in Genf. «In einigen Regionen sind Kinder nun einem höheren Risiko durch Infektionen wie Polio ausgesetzt», sagt er. «Dadurch steigt auch das Risiko, das Polio sich international wieder ausbreitet.»

Polio – oder auch Kinderlähmung – ist eine ansteckende Infektionskrankheit, die Lähmungen auslösen und zum Tod führen kann. Vor allem bei Kleinkindern können dauerhafte Schäden bleiben. Verbreitet wird das hoch ansteckende Virus oft über verunreinigtes Wasser. Eine vollständige Heilung gibt es bisher nicht.

In den vergangenen zehn Jahren wurden nach WHO-Angaben rund zehn Milliarden Dosen der Impfung verabreicht. Ohne diesen Einsatz hätten nach ihren Angaben 6,5 Millionen Kinder Kinderlähmung bekommen.

Neue Fälle in Afrika

Das Risiko einer neuen Ausbreitung in zurzeit Polio-freien Ländern ist real. Bis vor Kurzem zirkulierte das wilde Poliovirus praktisch nur noch in Pakistan und Afghanistan, mit je einer Handvoll Fällen. Aber in diesem Jahr wurden erstmals seit 2016 wieder Fälle in Malawi gemeldet, und in Mosambik, eingeschleppt vermutlich aus Pakistan. Afrika war erst 2020 als Polio-frei deklariert worden.

Auch in der WHO-Europaregion, die sich von Turkmenistan bis nach Israel erstreckt, kommt es immer mal zu vereinzelten Fällen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gab es in Deutschland Anfang der 90er drei Fälle, die aber keine Ausbreitung nach sich zogen.

Die WHO arbeitet mit Hochdruck an einer Endstrategie. Bis 2026 sollen jedes Jahr 370 Millionen Kinder in 50 Ländern geimpft werden. Damit soll auch das letzte Kind in der abgelegensten Region erreicht und Polio von der Erde verbannt werden.

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