Vor 60 Jahren verschwanden Krokodile in Marokko von der Bildfläche. Jetzt sollen sie in einem Artenschutzprojekt wieder eingeführt werden.

Das Wichtigste in Kürze

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Im Rahmen eines Artenschutzprogramms befinden sich 16 junge vom Aquarium Aquatis in Lausanne gezüchtete Westafrikanische Krokodile seit Mittwoch auf dem Weg nach Marokko. Die dort seit 60 Jahre ausgestorbenen Reptilien sollen in dem Land schrittweise wieder angesiedelt werden.

Die Tiere wurden mit Mikrochips ausgestattet, insbesondere im Hinblick auf die Zollabfertigung. Sie reisten in stabilen Einzelabteilen, wie Aquatis-Direktor Michel Ansermet am Mittwoch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. «Alles verlief sehr gut, in völliger Ruhe», stellte er erfreut fest.

Die Krokodile wurden bequem untergebracht und von einem Spezialtransporteur in einem Lieferwagen nach Genf und dann per Flugzeug abgeholt. «Die Ankunft in Agadir ist nachts geplant, damit die Tiere nicht der grossen Hitze ausgesetzt sind», sagte Ansermet, der die Krokodile auf ihrer Reise begleitet.

Die wechselwarmen Tiere sind zwischen 42 Zentimeter und 1,06 Meter lang. Zwei von ihnen schlüpften 2019, weitere 14 im Jahr 2022.

Nach ihrer Ankunft in Marokko werden die Reptilien zunächst in einem eigens dafür angelegten Becken des Crocoparc in Agadir untergebracht. «Die Jungkrokodile werden dort ihre Wachstumsphase abschliessen, bis sie rund 1,30 bis 1,40 Meter lang sind. Sie gewöhnen sich in dem Park an die Temperaturen des Landes und müssen lernen, sich zurechtzufinden», erklärte der Zoologe Ansermet.

Einige Exemplare werden für die Zucht von weiterem Nachwuchs im Crocoparc verbleiben. «In einem Jahr, im Mai 2025, werden wir die anderen in die Wildnis entlassen, und zwar im Süden Marokkos in sogenannten Gueltas. So nennt man Wasserlöcher in der Sahara», sagte Ansermet.

Der Standort wurde für die Bedürfnisse der Krokodile eingerichtet. Dabei seien insbesondere auch die Interessen der lokalen Bevölkerung im Rahmen des neuen Protokolls der Weltnaturschutzunion (IUCN berücksichtigt worden, fuhr der Zoologe fort.

«Diese Wiederansiedlung ist die erste für diese Art in Afrika und die zweite weltweit. Der Kölner Zoo hat nämlich 2023 Philippinenkrokodile auf diesem Archipel wieder angesiedelt», stellt der Experte fest.

Die Wiederansiedlung ist auch das Ergebnis einer zehnjährigen Arbeit. Ansermet sprach von «einem grossen Moment, einer verrückten Sache». Allein an den Reisepapieren habe man sechs Monate gearbeitet, fügte er hinzu.

Das Westafrikanische Krokodil hat laut Ansermet einen friedlichen Charakter und ist weniger aggressiv ist als seine Artgenossen aus dem Nil. Seit etwa 60 Jahren ist die Art in Marokko ausgestorben.

Weltweit gibt es geschätzt wohl nur noch 3500 bis 5000 dieser stark vom Aussterben bedrohten Tiere. In gewissen westafrikanischen Kulturen wie etwa in Gambia gelten die Tiere als heilig – daher die französische Artbezeichnung crocodile sacré (Heiliges Krokodil).

Aquatis ist europaweit für das Erhaltungszuchtprogramm der Westafrikanischen Krokodile zuständig. «Marokko hat sich bereits als Abnehmer für das nächste Gelege gemeldet. Wir stehen auch in Kontakt mit Côte d'Yvoire und Burkina Faso, die an der Wiederansiedlung dieser Reptilien auf ihrem Gebiet interessiert sind», sagte Ansermet weiter.

«Hier im Aquatis halten wir das Elternpaar Cléo, 44, und Farouche, 45. Sie pflanzen sich etwa alle zwei Jahre fort. Zwei Jungtiere gehen übrigens demnächst in einen Zoo in England, um die Population der Westafrikanischen Krokodile in Europa zu vergrössern», erklärte der Aquatis-Direktor.

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