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Britische Regierung verteidigt zaghaften Kampf gegen Corona

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Grossbritannien,

London will sich mit drastischen Massnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 weiterhin zurückhalten. Mehr als 200 Wissenschaftler rufen in einem Brief zum sofortigen Strategiewechsel auf, sie fürchten den Kollaps des Gesundheitssystems.

Fahrgast mit Mundschutz in der Londoner U-Bahn. Foto: Kirsty O'connor/PA Wire/dpa
Fahrgast mit Mundschutz in der Londoner U-Bahn. Foto: Kirsty O'connor/PA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die britische Regierung hat ihren zögerlichen Kurs bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie am Sonntag verteidigt.

In Grossbritannien sind zum Beispiel Grossveranstaltungen noch nicht verboten und bisher nur wenige Schulen geschlossen.

Gesellschaftliche Aktivitäten gehen weiterhin ihren normalen Gang. Nur wer Symptome wie Husten und Fieber entwickelt, wird aufgefordert, sich eine Woche lang in häusliche Isolation zu begeben.

Am Samstag hatten sich mehr als 200 Wissenschaftler an britischen Universitäten, darunter viele Mathematiker, in einem offenen Brief für drastischere Massnahmen ausgesprochen. Sie forderten umgehend Massnahmen der sozialen Distanzierung wie in Deutschland und anderen Ländern. Dadurch könnten Tausende Leben gerettet werden. Ungebremst werde der Ausbruch in einigen Wochen Millionen Menschen betreffen, so die Forscher. Der ohnehin ausgelastete Gesundheitsdienst NHS könne in Gefahr geraten, zu kollabieren.

Gesundheitsminister Matt Hancock bestand jedoch in einem Interview mit dem Sender Sky News darauf, dass die Massnahmen ausreichend seien. Eine Entscheidung über Grossveranstaltungen werde womöglich am Montag getroffen, kündigte er an. Die «wirklich grossen Sachen» seien aber Händewaschen, und dass sich ältere Menschen und andere Risikogruppen isolierten, so Hancock. Eine entsprechende Empfehlung will die Regierung demnächst veröffentlichen. Menschen über 70 könnten dazu aufgerufen werden, bis zu vier Monate lang in Isolation zu bleiben, sagte der Gesundheitsminister.

Grossbritannien habe den Covid-19-Ausbruch durch konsequente Tests und die Feststellung von Kontakten infizierter Personen bereits erheblich verlangsamt, schrieb Hancock in einem Gastbeitrag im «Sunday Telegraph». In dem Land gab es bis Sonntag 1372 bestätigte Infektionen und 35 Todesfälle.

Mit seinem Nationalen Gesundheitsdienst NHS sei Grossbritannien besser mit medizinischem Gerät ausgestattet «als die meisten anderen Länder», so der Gesundheitsminister. Die Industrie rief er auf, ihre Produktion auf Beatmungsgeräte umzustellen. Berichten zufolge soll die Regierung diesbezüglich bereits an Unternehmen wie den Autobauer Rolls-Royce und den Nutzfahrzeughersteller JCB herangetreten sein. Ob das kurzfristig möglich ist, war aber zunächst unklar. Im Notfall soll auch auf die Kapazitäten privater Kliniken zurückgegriffen werden, berichteten Medien.

«Herdenimmunität» sei nicht das Ziel der Regierungsstrategie, betonte Hancock. Er widersprach damit Äusserungen des Gesundheitsexperten und Regierungsberaters Patrick Vallance. Der hatte bei der Vorstellung eines Massnahmenkatalogs der Regierung mit Premierminister Boris Johnson gesagt, durch eine Infektionsrate von etwa 60 Prozent der Bevölkerung könne Schutz für die ganze Gemeinschaft durch Immunität aufgebaut werden, und dafür heftige Kritik geerntet.

Diesen Ansatz stellte auch die Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Harris, am Samstag infrage. Man wisse noch zu wenig über das Virus. «Es ist noch nicht lange genug in unserer Bevölkerung, um zu wissen, was es immunologisch macht», sagte sie dem Nachrichtensender BBC. «Wir können über Theorien reden, aber im Moment stehen wir wirklich vor einer Situation, in der wir uns mit Taten beschäftigen müssen.»

Vallance begründete den britischen Umgang mit dem Coronavirus auch mit der Sorge, die Epidemie könne im Herbst zurückkehren, sollte sie zu stark unterdrückt werden. Zudem befürchtet die Regierung, schwere Einschränkungen für das öffentliche Leben könnten ihre Wirkung verlieren, wenn sie zu lange andauern, weil die Menschen irgendwann aufhören könnten, sie zu befolgen.

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