Matteo Salvini will Neuwahlen: Das steckt hinter der Regierungskrise
Am Donnerstagabend verkündet Italiens Innenminister Matteo Salvini, dass seine Lega auf Neuwahlen poche. Nun will Salvini an die Macht.
Das Wichtigste in Kürze
- Italiens Innenminister stürzt sein Land in eine Regierungskrise.
- Matteo Salvini will Neuwahlen, um selbst Ministerpräsident zu werden.
- Italien steuert im Herbst auf Neuwahlen zu.
Es ist ein Schritt, der langfristig zu erwarten war. Trotzdem überrascht Italiens Innenminister Matteo Salvini gestern Donnerstagabend. Per Mitteilung verkündet er, dass die Regierungskoalition zwischen Lega und Fünf-Sterne-Bewegung um Luigi Di Maio faktisch am Ende sei. Und dies kurz bevor sich der ganze Politzirkus in die grossen Ferien verabschiedet.
«Gehen wir sofort ins Parlament, um anzuerkennen, dass es keine Mehrheit mehr gibt. Geben wir das Wort schnell an die Wähler zurück», habe Salvini dem Regierungschef Giuseppe Conte mitgeteilt. So pocht der Lega-Chef auf schnelle Wahlen in Italien.
Wenig später erklärte ein sichtlich verärgerter Ministerpräsident Conte, dass die Koalition tatsächlich am Ende sei. Die Schuld dafür gebe er aber dem Innenminister. Die Lega poche auf Neuwahlen, «um Kapital zu schlagen, die seine Partei derzeit geniesst.» Es stehe einem Innenminister aber nicht zu, «über den Ablauf einer politischen Krise zu entscheiden».
Matteo Salvini und sein Kalkül
Vordergründig geht es beim Koalitionsstreit um ein Bahnprojekt, das kürzlich im Senat behandelt wurde. Seine Lega stimmte für die Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon, Koalitionspartner Fünf-Sterne dagegen. «Ein Tiefpunkt der Koalition», wie Matteo Salvini vor Parteimitgliedern betonte.
Doch natürlich steckt mehr dahinter: Es ist vielmehr ein Machtpoker, an dessen Ende Salvini als Ministerpräsident dastehen könnte. Denn: Kommt es zu Neuwahlen, geht seine Partei als Favorit in die Wahlen. Jüngste Umfragen sagen den Rechtspopulisten einen Stimmenanteil von 36 Prozent voraus. Die Lega würde mit Abstand zur stärksten Kraft – und Matteo Salvini wohl zum Staatschef.
Salvini hat den Bruch gesucht
Dass es soweit kommen würde, wurde bereits bei der Bildung der Koalitionsregierung von Lega und Fünf-Sterne im Juni 2018 prophezeit. Damals schlossen sich die beiden populistischen, EU-skeptischen, aber sonst ideologisch weit auseinanderliegenden Parteien zusammen. Bald darauf stellten sie den parteilosen Rechtsprofessor Conte als Premierminister vor.
Doch nicht etwa Conte ist seither in aller Munde – nein. Es ist Innenminister Salvini, der mit den Themen Einwanderung und Seenotrettung die Schlagzeilen beherrscht und Kapital schlagen kann.
Es ist ein Koalitionsbruch mit Ansage und den Salvini bewusst gesucht hat. In den letzten Wochen liess der Innenminister kaum eine Gelegenheit aus, Koalitionspartner Fünf-Sterne-Bewegung zu brüskieren. So etwa mit seiner harten Migrations- und Flüchtlingspolitik, den die Partei von Di Maio nur widerwillig und zähneknirschend mitgetragen hat. Eine von Fünf-Sterne vorgelegte Justizreform kritisierte Salvini dagegen äusserst scharf.
Wie geht es weiter?
Noch ist Di Maios Fünf-Sterne-Bewegung die stärkste Kraft im italienischen Parlament. Und noch ist Ministerpräsident Conte nicht zurückgetreten. Zu erwarten ist, dass dies bald geschieht.
Conte hat angekündigt, nochmals vor dem Parlament sprechen zu wollen. Danach wird er wohl bei Staatspräsident Sergio Mattarella den Rücktritt einreichen.
Möglich, dass Mattarella dann Neuwahlen ausrufen wird. Möglich ist aber auch, dass er zuerst sondieren wird, ob es andere Mehrheiten im Parlament gibt. Doch bisher haben die Oppositionsparteien deutlich gemacht, dass sie eher auf schnelle Neuwahlen aus sind.
Auch Fünf-Sterne-Chef Di Maio erklärt: «Gut, wir sind bereit». So könnte Italien bereits am 13. Oktober sein Parlament neu bestellen.