Menschen im Hotel - Cecilia Bartoli in Salzburg gefeiert
Mit Händels Barockoper «Alcina» in der Regie von Damiano Michieletto gelingt der italienischen Starsopranistin und Festspielchefin Cecilia Bartoli bei den Salzburger Pfingstfestspiele wieder ein Wurf.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Salzburger Pfingstfestspiele haben im Haus für Mozart mit einer umjubelten Neuinszenierung von Georg Friedrich Händels barocker Zauberoper »Alcina» begonnen.
Diesmal war Festspielintendantin Cecilia Bartoli in der Titelrolle der Alcina allerdings nicht der unumstrittene Star des Abends, sondern hatte mit dem Countertenor Philippe Jaroussky als Ruggiero und der Sopranistin Sandrine Piau als Morgana zwei absolut ebenbürtige Partner an ihrer Seite.
Gemäss dem Textbuch nach Ludovico Ariostos «Orlando furioso» vernascht die Zauberin Alcina auf einer einsamen Insel reihenweise Männer, die sie dann in Steine und Baumstämme verwandelt. Nur der Ritter Ruggiero, den sie als einzigen wirklich liebt, entgeht diesem Schicksal. Mit Hilfe seiner Verlobten Bradamante kann er Alcinas Zauber brechen. Zusammen mit ihrer Schwester Morgana bleibt sie auf der nun in Eis erstarrten Insel einsam zurück.
Der für seine gediegen-modernen Inszenierungen bekannte Regisseur Damiano Michieletto verlegte die verwickelte Handlung in die Lobby eines italienischen Nobelhotels, die er mit Hilfe einer Milchglaswand in zwei Sphären unterteilte. Im Vordergrund spielte die Realität der zum Scheitern verurteilten Beziehung einer älteren Frau (Alcina) zu einem jungen Mann (Ruggiero), während der Hintergrund das Reich der Illusion darstellte, in dem Ballettänzer als verflossene Geliebte der Zauberin symbolisch riesige Steine und Baumstämme herumschleppten. Eine zerknitterte, unansehnliche Frau fungierte als Doppelgängerin Alcinas, die mit ihrem Liebhaber am Ende auch ihre Jugend und verführerische Kraft verloren hatte.
Ein kleines Wunder ereignete sich im Orchestergraben. Das 2016 von Bartoli gegründete Barockorchester Les Musiciens du Prince-Monaco legte ein oft halsbrecherisches Tempo vor und akzentuierte Händels meisterhafte Musik so messerscharf wie die Glasscherben, die am Ende der rund dreieinhalbstündigen Oper vom Bühnenhimmel herab regneten und Alcinas zerbrochenes Liebesglück versinnbildlichten. Unter Leitung von Dirigent Gianluca Capuano gab es aber auch viele Momente schwebend-entrückter Klangmagie.
Die Salzburger Pfingstfestspiele präsentieren neben Händels 1735 uraufgeführter «Alcina» auch die kurz davor herausgekommene Oper «Polifemo» von Händels Londoner Komponistenrivalen Nicola Porpora, der mit dem berühmtesten Kastraten seiner Epoche, Farinelli, zusammenarbeitete. Weil Frauen in der Kirche nicht singen durften, wurden in der europäischen Musikgeschichte lange Zeit Knaben entmannt, damit sie ihre hohen Stimmen behielten. Manche von ihnen wurden zu vergötterten Superstars ihrer Epoche.