Oft krank: Firmen beauftragen Detektive wegen Blau-Machern
Deutschland ist laut Allianz-Chef Oliver Bäte «Weltmeister bei Krankmeldungen». Manche Firmen heuern deswegen bei auffälligen Abwesenheiten Detektive an.
Das Wichtigste in Kürze
- In Deutschland sorgt die Debatte um die Einführung des Karenztags für einen Aufschrei.
- Der Verdacht: Manche Menschen melden sich von der Arbeit ab, obwohl sie nicht krank sind.
- Einige Firmen wollen Blau-Machern mit Detektiven auf die Schliche kommen.
Zuletzt machte Oliver Bäte, Chef der Allianz-Versicherung, in Deutschland mit einer umstrittenen Forderung auf sich aufmerksam.
Er will, dass Arbeitnehmer am ersten Tag ihrer Krankheit keinen Lohn erhalten. Also, dass der sogenannte Karenztag wieder eingeführt wird.
Sozialverbände und Gewerkschaften kritisieren, somit werde allen unterstellt, sie würden blau machen. Eine «echte Unverschämtheit», findet das die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland.
«Deutschland ist mittlerweile Weltmeister bei Krankmeldungen», argumentiert Bäte. Statistiken zeigen, dass es oft vor oder nach einem Wochenende oder rund um Brückentage zu Krankheitstagen kommt.
Um herauszufinden, ob die Angestellten einfach nur blau machen, setzen manche Firmen nun gar auf Wirtschaftsdetektive.
Einer von ihnen ist Marcus Lentz. Er arbeitet seit 30 Jahren in der Branche und klärt Fälle rund um falsche Krankmeldungen auf. Gegenüber dem «Stern» berichtet er von seinem Berufsleben.
Verdächtig sei es jeweils, wenn ein Arbeitnehmer jährlich zwischen 80 und 120 Fehltage aufweist. Und wechselnde Ärzte, die Arztzeugnisse ausstellen.
Solche Fälle können dazu führen, dass der Arbeitgeber eine Observation in Auftrag gibt.
Detektive beobachten Zu- und Abfahrtswege
Ob das ethisch korrekt ist? Lentz sagt, man müsse stets eine Güterabwägung vornehmen: «Auf der einen Seite steht das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Aufklärung einer Straftat. Auf der anderen der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers.»
Typischerweise starte eine Observation mit einer Ortsbesichtigung. Dann kämen mobile Observationsteams zum Einsatz: Dabei überwachen drei Detektive die Zu- und Abfahrtswege, erklärt Lentz.
Es wird notiert, ob die Zielperson krankheitsbedingte Einschränkungen zeigt. Auch ihre Tätigkeiten werden beobachtet.
Doch was passiert, wenn ein Blau-Macher auffliegt? Oft werde eine einvernehmliche Kündigung angeboten, berichtet der Wirtschaftsdetektiv.
Der Arbeitnehmer erhält also ein gutes Arbeitszeugnis und verzichtet auf rechtliche Schritte. Das Arbeitsverhältnis wird per sofort aufgelöst.
Aber auch eine fristlose Entlassung oder sogar eine Strafanzeige seien möglich.