Ostdeutsche erklären, warum sie die AfD wählten
In Ostdeutschland stimmten viele für die AfD. Gründe sind der Frust mit der Regierung, Angst vor «Ausländer-Ghettos wie im Westen» und Bevormundung.
Das Wichtigste in Kürze
- In gewissen ostdeutschen Gemeinden holte die AfD über die Hälfte der Stimmen.
- Die Wähler begründen ihr Kreuz für die AfD mit Einwanderung und Frust mit der Regierung.
- Nicht-AfD-Wähler sind erschreckt und sprechen von geschickter Werbung.
Die AfD ist die grosse Gewinnerin der deutschen Europa- und Kommunalwahlen. Vor allem in Ostdeutschland legt die Rechtsaussen-Partei stark zu. In den brandenburgischen Gemeinden Jämlitz-Klein Düben und Tschernitz, in der Nähe Polens, holte sie über 50 Prozent der Stimmen. Die Gründe: Frust über die aktuelle Regierung, Angst vor Ausländern und geschickte Werbung.
So sagt Dirk Donath (60) zur «Bild»: «Unsere Regierung ist die Krönung.» Weitere Gründe für sein Kreuz für die AfD: «Einwanderung und die steigende Kriminalität.» Die AfD sage, was die Leute hören wollten. Und er hoffe, sie setze das Versprochene nun auch um.
Auch Rentner Gerhard (65) kritisiert die Regierung: Er wolle sich nicht von Habeck sagen lassen, wie er sein Haus dämmen müsse. In seinem Garten mit Pool weht eine DDR-Fahne. Es sei sein Protest gegen den Euro. «Denn mit der D-Mark war der Einkaufswagen noch voll.»
Jene, die nicht AfD gewählt haben in den beiden Dörfern, sind «sehr erschreckt», sagt Rentnerin Gisela Böhme (85). Die Partei blende die Leute und tue so, als verstehe sie sie. Die vielen Stimmen seien «die Rache an der unfähigen Regierung, die ständig streitet und nichts zustande bringt».
«Alle hier sind unzufrieden mit der Politik»
Auch Kindergärtnerin Sylvia (48) sagt, die AfD mache es sehr geschickt: «Viele einfache, laute Parolen – und die Leute glauben es. Das ist vollkommen abartig.»
Alle hier seien unzufrieden mit der Politik, sagt Pflegerin Katrin (39). Viele hätten Angst vor «Ausländer-Ghettos wie im Westen und kriminellen Clans». Dennoch wählte sie laut eigenen Angaben nicht die AfD.
Ex-Polizist Peter (82) ist auch unzufrieden: «Dass Straftäter nicht abgeschoben werden, regt mich auch auf.» Zur AfD hat er eine klare Meinung: «AfD wählen ist das Letzte. Die haben nur Parolen, aber keine Lösungen.»
Auch in Thüringen hat die AfD gewonnen – auch dank den Stimmen vieler Jungwähler. Ein Lehrer sagt zu «Focus», in einer Arbeitsgruppe seien 90 Prozent der Schüler von der AfD angetan gewesen. Nur zwei oder drei seien für die Grünen gewesen. Deren Wahlplakate hätten es im Ort Kyffhäuserkreis schwer: «Die standen ein, zwei Tage maximal da, dann waren sie Konfetti.»
Der Lehrer äussert seine Vermutung, weshalb viele 16- bis 24-Jährige die Rechtsaussen-Partei unterstützen: das Auto. «Die Jugendlichen träumen in diesem Alter von einem Auto, das sie sich leisten können, also mit Verbrennermotor.» Doch weil die Politik deren Aus beschlossen habe, würden die Jungen eben jener Partei die Stimme geben, die dagegen war.