Regenwaldschutz - EU verbietet Warenimport bei Abholzung
Kakao, Soja oder Palmöl sollen von an nur in die EU importiert werden dürfen, wenn für ihren Anbau keine Wälder neu gerodet wurden. Umweltschützer sehen bei dem Vorhaben «schmerzende Lücken».
Die EU geht mit einem neuen Gesetz gegen die Abholzung der Wälder vor. Unterhändler von Europaparlament und EU-Staaten verständigten sich auf ein Importverbot für bestimmte Rohstoffe, wenn dafür Wälder gerodet wurden. Dies teilten die beiden Institutionen in der Nacht zu Dienstag mit.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze lobte die Einigung: «Heute ist ein guter Tag für den weltweiten Schutz der Wälder», sagte die SPD-Politikerin. Nun komme es aber darauf an, dass sich die Entwicklungsländer auf die neuen Regelungen gut vorbereiten könnten. «Wir dürfen die Menschen in den Erzeugerländern mit der neuen Gesetzgebung nicht alleine lassen», sagte sie am Dienstag. Schulze kündigte Projekte zur Weiterbildung und Vernetzung der Landwirte vor Ort an, von denen besonders indigene Gemeinschaften, Kleinbauern und Frauen profitieren sollen.
Nach Angaben des Entwicklungsministeriums sind rund 90 Prozent der Entwaldung auf die Ausweitung der Landwirtschaft zurückzuführen. «Die EU ist ein grosser Verbraucher und Händler von Waren, die einen wesentlichen Teil zur Entwaldung beitragen – wie Rindfleisch, Kakao, Soja und Holz», sagte der tschechische Umweltminister Marian Jurecka. Sein Land hat noch bis Jahresende den regelmässig wechselnden Vorsitz unter den EU-Ländern inne.
Überprüfung in zwei Jahren
Die neuen Vorschriften gelten auch für Waren, die die gelisteten Rohstoffe enthalten, oder wenn diese zur Fütterung verwendet oder aus ihnen hergestellt wurden. Als Beispiele werden Leder, Schokolade und Möbel genannt. Die Abgeordneten hätten in den Verhandlungen durchgesetzt, dass die Regeln zudem Kautschuk, Holzkohle und bedruckte Papierprodukte umfassen, wie das EU-Parlament mitteilte. In zwei Jahren soll überprüft werden, ob weitere Waren einbezogen werden müssen.
Bisher sei es völlig legal, den Amazonas-Regenwald abzuholzen, das Holz in der EU zu verkaufen und auf den frei gewordenen Flächen Rinder zu halten und die Steaks in europäischen Supermärkten anzubieten, kritisierte die SPD-Abgeordnete Delara Burkhardt. «Damit wird bald Schluss sein.»
Der Dachverband der Indigenen in Brasilien hatte etwa bei der Klimakonferenz COP27 ein schärferes EU-Recht zum Schutz der Wälder in Südamerika gefordert. Konkret ging es den Ureinwohnern um die Garantie ihrer Rechte und die Aufnahme aller Ökosysteme Brasiliens in das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten. Wenn die Produktion in bestimmten Ökosystemen wie dem Amazonasgebiet oder dem Atlantischen Regenwald besonders kontrolliert werde, berge dies die Gefahr einer Verlagerung der Probleme in andere Naturräume, fürchteten sie.
Der WWF begrüsste, dass die EU Verantwortung übernehme und weitsichtig handle. «Das Gesetz hat viele starke Elemente, muss aber bei wichtigen Punkten dringend nachgebessert werden», sagte die Programmleiterin Wald vom WWF Deutschland, Susanne Winter. Sie beklagte «einige schmerzende Lücken»: Das Gesetz sollte nicht nur auf Wälder beschränkt werden, sondern auch waldähnliche Flächen und Buschland einbeziehen. Auch beim Thema Menschenrechte enttäusche die Verordnung.
Parlament muss dem Kompromiss noch zustimmen
Für den Kompromiss ist noch die Zustimmung des Parlaments und der EU-Staaten notwendig, das gilt aber als Formsache. Das neue Gesetz tritt 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft, für bestimmte Teile gibt es eine Übergangsfrist von 18 Monaten. Konkret müssen Unternehmen eine Sorgfaltserklärung abzugeben, dass auf dem EU-Markt verkauften Waren nirgends zu Entwaldung und Waldschädigung geführt haben. Als Stichtag zur Abholzung gilt der 31. Dezember 2020. Wer sich nicht an die Regeln hält, riskiert Geldstrafen.
Der christdemokratische Verhandlungsführer des Parlaments, Christophe Hansen, sprach von einem starken und ehrgeizigen Ergebnis. Auch die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini begrüsste die Einigung. Sie kritisierte jedoch, dass nicht noch mehr bewaldete Flächen als derzeit vorgesehen durch das Gesetz geschützt werden.