RTL will «nationale Streaming-Champions» schaffen
Noch ist es für RTL zu früh, die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie zu beziffern. Bisher herrscht bei dem Konzern gute Laune. Das liegt an einem neuen Geschäftsmodell.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Medienkonzern RTL setzt nach erreichten Jahreszielen weiter auf den Ausbau seiner Streaming-Dienste in Deutschland und den Niederlanden.
Bis 2025 sollen jährlich rund 350 Millionen Euro in die Inhalte von TV Now und Videoland fliessen, wie die im MDax notierte Bertelsmann-Tochter am Freitag in Luxemburg mitteilte. Damit will RTL in dem Zeitraum auf 5 bis 7 Millionen zahlende Abonnenten kommen - derzeit beläuft sich die Zahl hier auf 1,44 Millionen.
Beim Umsatz mit den Streaming-Plattformen will der Konzern bis 2025 von derzeit 135 Millionen Euro auf mehr als eine halbe Milliarde Euro kommen. Spätestens dann soll auch die Gewinnschwelle erreicht sein. Die Aktie legte vor Handelsbeginn um rund 6 Prozent zu.
Mit der von RTL verfolgten Strategie, die auch Konsolidierungsschritte bei den Senderfamilien beinhalte, liege der Fokus darauf, «nationale Streaming-Champions in den Ländern zu werden, in denen die RTL Group führende Senderfamilien betreibt», sagte Konzernchef Thomas Rabe. Er hatte im April 2019 das Ruder bei RTL übernommen und ist gleichzeitig auch der Vorstandsvorsitzende von Bertelsmann.
Im laufenden Jahr werden die Investitionen ins Streaming-Geschäft aber erst mal weiter aufs Ergebnis drücken. So rechnet das Management beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) 2020 mit einem Rückgang von bis zu 7 Prozent. Rechnet man die geplanten Ausgaben für die Streaming-Dienste heraus, sollte sich das Ebita weitgehend stabil entwickeln, hiess es weiter. Den Umsatz will RTL dabei aus eigener Kraft um 2 bis 3 Prozent steigern.
Der Ausblick beinhaltet bislang noch keine Folgen der Coronavirus-Pandemie, da es derzeit noch zu früh sei, die Auswirkungen auf die Ergebnisse von RTL zu quantifizieren. «Wir sehen erste Stornierungen von Werbebuchungen und Auswirkungen auf Produktionen», sagte ein Sprecher auf Anfrage. «Wir werden darauf angemessen reagieren, aber von den angekündigten Ambitionen und zusätzlichen Investitionen im Bereich Streaming nicht abrücken.» Die Covid-19-Pandemie hat zuletzt im gesamten europäischen Mediensektor drastisch auf die Kurse geschlagen. Seit Ende Januar hat der entsprechende Branchenindex mehr als 30 Prozent an Wert verloren. RTL war Ende 2019 aus dem Index rausgefallen.
Im vergangenen Jahr stiegen die Erlöse dank der gut laufenden Digital- und Produktionsgeschäfte zum Vorjahr um 2,2 Prozent auf knapp 6,7 Milliarden Euro. Dabei macht die Produktionstochter Fremantle vor allem mit fiktionalen Inhalten wie «American Gods» oder «The New Pope» gute Geschäfte.
Das um Restrukturierungskosten bereinigte operative Ergebnis blieb mit 1,16 Milliarden Euro weitgehend stabil. Nach Restrukturierungskosten im Zusammenhang mit der teilweisen Verlagerung der luxemburgischen Konzernzentrale nach Köln verringerte sich das Ebita um knapp 3 Prozent. Unterm Strich stieg der Gewinn - getrieben durch den Verkauf von Universum Film an den Finanzinvestor KKR und geringere Abschreibungen - um gut 10 Prozent auf 864 Millionen Euro. Die Dividende soll mit 4 Euro je Aktie stabil bleiben.
Bertelsmann ist derzeit zu 76,3 Prozent an RTL beteiligt. Seit einigen Monaten kauft der Konzern zudem RTL-Aktien im kleinen Stil zu. Eine Komplettübernahme soll es aber nicht geben, wie Rabe im Februar gesagt hatte. Auch soll RTL weiter an der Börse bleiben.