Ryanair vergisst sehbehinderte 86-Jährige am Flughafen
Ein Ryanair-Flug von Mallorca wurde mehrmals verschoben. Eine sehbehinderte Passagierin musste in einem Warteraum Platz nehmen – und ging dann vergessen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der zweiten Juni-Hälfte begann das Kabinenpersonal von Ryanair mit Streiks.
- Davon betroffen waren auch Flüge von und nach Mallorca.
- Beim Chaos ging am 24. Juni auch eine sehbehinderte Deutsche (86) vom Personal vergessen.
Das Flug-Chaos in diesem Sommer in Europa scheint niemanden zu verschonen. Auch nicht sehbehinderte ältere Frauen, wie ein Fall aus Spanien zeigt.
Eine auf Mallorca lebende Deutsche hat nach ihren Deutschland-Ferien ihre sehbehinderte Mutter auf die Insel gebracht. Für den 24. Juni bucht sie der 86-jährigen Mutter einen Rückflug mit Ryanair nach Köln: «Wir haben sie zum Flughafen gebracht. In Deutschland hätte sie meine Schwiegermutter abgeholt», erzählt die Tochter der «Mallorca Zeitung».
Da sie diesmal ohne Begleitung der Familien fliegen soll, hatte die Mallorca-Residentin ihr einen Begleitservice für Sehbehinderte gebucht. Doch ausgerechnet an diesem Tag beginnt das Kabinenpersonal von Ryanair mit Streiks.
«Man hatte meine Mutter im Wartesaal vergessen!»
Zunächst klappt alles: Die Frau wird mit ihrer Mutter zu einem Extraschalter für Menschen mit Sehbehinderung geschickt. Dort führt eine Mitarbeiterin die 86-Jährige zur separaten Sicherheitskontrolle, dann wird sie zum Gate gebracht. «Wir empfanden diesen Service als vorbildlich und fuhren beruhigt nach Hause.»
Doch wegen der Streiks kann der Flieger nicht planmässig um 10.30 Uhr starten: «Um 11 Uhr meldete sich Mutti zum ersten Mal – sie sitze noch rum und bekomme keine Informationen.» Am Telefon erklärt der Frau dann ein Mitarbeiter des Begleitservices, dass das Flugzeug Verspätung hat. «Dieser Vorgang wiederholte sich in den nächsten Stunden noch dreimal», erzählt die Tochter.
Dabei sei praktisch mit jeder neu angekündigten Verspätung ein Gate-Wechsel einhergegangen. Der Begleitservice bringt ihre Mutter irgendwann in einen separaten Warteraum.
«Bei meinem Telefonat gegen 14 Uhr hiess es dann, meine Mutter sei auf den Flug um 18.05 Uhr umgebucht worden. Natürlich dachten wir, der Flug sei wegen des Streiks ausgefallen.» Doch: «Man hatte meine Mutter im Wartesaal vergessen!»
«Keiner Schuld bewusst»
Sowohl Ryanair als auch das Begleitpersonal hätten die Frau nicht vergessen dürfen. Auf ihrer Bordkarte steht, dass sie bis zum Platz im Flugzeug geführt wird. Als die Tochter bei Ryanair anruft, wird sie abgewimmelt: «Die waren sich keiner Schuld bewusst.» Nun habe sie Beschwerde bei der Airline eingereicht.
Gegen Abend eilt die Frau noch einmal zum Flughafen, um ihrer Mutter bis zum späteren Flug am Abend beizustehen. «Sie hatte für die ganze Wartezeit gerade einmal eine kleine Flasche Wasser und eine Tüte Cracker bekommen.»
Ryanair verweist in einer Stellungnahme gegenüber Nau.ch darauf, dass der Begleitservice für Sehbehinderte durch Dritte gleistet wurde – nicht von Ryanair selbst. «Wir sind enttäuscht, dass dieses Unternehmen seiner Verantwortung für diesen Fluggast nicht nachgekommen ist, so dass sie ihren Flug verpasst hat.»
Die Airline habe aus gutem Willen der Frau kostenlos einen Platz für den späteren Flug gebucht. «Wir bedauern die Unannehmlichkeiten aufrichtig, die dieser Fluggast wegen Dritten erlebt hat.»