Ukraine-Krieg: Experte hält Atom-Sorgen weiterhin für unbegründet
Im Westen steigt die Angst vor einer nuklearen Verzweiflungstat der Russen. Ein Experte hält Atom-Angriffe im Ukraine-Krieg aber weiterhin für unwahrscheinlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Putins Atomwaffen lösen im Westen zunehmend Besorgnis aus.
- Die letzte Woche im Ukraine-Krieg zeige aber ein dringenderes Problem auf, so ein Experte.
- Die Fliegerabwehr der Ukraine funktioniert offenbar nur sehr mangelhaft.
Weil sich das Blatt im Ukraine-Krieg zuletzt zu Gunsten der Verteidiger gewendet hat, ist Wladimir Putin unter Druck. Der Westen fürchtet sich darum vor einem nuklearen Schlag –aus Verzweiflung. Gemäss britischen Medienberichten soll Verteidigungsminister Ben Wallace deshalb gar zu einer spontanen Krisensitzung ins Weisse Haus gereist sein.
Einen möglichen Atomschlag hält Strategie- und Sicherheitsexperte Albert Stahel aktuell aber für nicht für wahrscheinlich. «Die Nuklearwaffen sind im Augenblick eher Teil unserer Angstpsychose», sagt er zu Nau.ch.
Ukraine-Krieg: Drohnen beleben russische Kriegshoffnungen
Dem Experten zufolge gibt es derzeit drängendere Sorgen. «Das Hauptproblem für die Ukraine ist die mangelhafte Fliegerabwehr.» Der Einsatz iranischer Drohnen durch das russische Oberkommando habe gravierende Lücken in der Fliegerabwehr der Ukraine aufgedeckt. Diese müssten schnellstmöglich geschlossen werden.
Putins Truppen hatten letzte Woche in einem unerwarteten Schachzug 30 Prozent der gesamten ukrainischen Strominfrastruktur zerstört. Eine entscheidende Rolle spielten dabei iranische Kamikaze-Drohnen.
Laut Stahel ist diese Wendung im Ukraine-Krieg von grosser Bedeutung. Dem Land fehle es offensichtlich an einer geeigneten Fliegerabwehr – das werde Putin ausnützen. «Ohne einen entsprechenden Schutzschirm könnte am Ende die Ukraine den Krieg verlieren», warnt er.
Luftabwehr-Schwachstelle muss schnellstens geschlossen werden
Ein umfassender Schutz gegen Angriffe aus der Luft ist aber nicht einfach so aufgebaut. Es braucht verschiedene Arten von Luftabwehr-Waffen, welche zentral gesteuert werden müssen, um effektiv zu sein.
Erst wenn sich verschiedene Systeme mit ihren unterschiedlichen Reichweiten überlappen, funktioniert der Schutzschild. Die Ukraine bräuchte also eine Art Abwehr-Verbund.
So müsste Kiew wichtige Objekte wie Führungseinrichtungen, Kraftwerke oder Staudämme mit stationierten Fliegerabwehrbatterien schützen, sagt Stahel.
Es gelte jetzt, schnell zu reagieren. Stahel ist sicher, dass auch die Reise des britischen Verteidigungsministers nach Washington vordergründig mit dem Abwehr-Problem zusammenhängt. «Erst die Einführung eines solchen Verbundes wird den Schutz der Ukraine gegenüber Abstandswaffen und Drohnen garantieren.»