Ukraine-Krieg: Experten glauben nicht an Putins Atomkrieg
Die russischen Atomdrohungen im Ukraine-Krieg werden immer lauter. Zuletzt wurde sogar dafür geprobt. Wie ernst meint es Putin mit einem Atomkrieg wirklich?
Das Wichtigste in Kürze
- Russland hat schon mehrmals mit einem Nuklearkrieg gedroht.
- Zuletzt haben Putins Truppen sogar einen Atomangriff simuliert.
- Doch wie ernst müssen wir die russischen Drohungen tatsächlich nehmen?
Russland macht mit seinen Atombomben-Drohungen im Ukraine-Krieg immer ernster. Zumindest will uns das der Kreml glaubhaft machen: Im Rahmen einer Übung haben kürzlich rund 100 Soldaten den Einsatz von nuklearwaffenfähigen Raketen geprobt.
Zuvor simulierte das russische Staatsfernsehen, wie ein Atomschlag auf Mitteleuropa aussehen würde. Auch Aussenminister Sergej Lawrow warnte bereits vor einer angeblich reellen Gefahr eines dritten Weltkriegs.
Diese Äusserungen wirken verstörend und verbreiten in der westlichen Welt häufig Angst und Schrecken. Doch müssen wir uns tatsächlich ernsthafte Gedanken über einen russischen Atomangriff machen?
Ukraine-Krieg: Experten halten Atomangriff nicht für realistisch
«Nein», finden zahlreiche Experten, die sich alle einig sind, dass ein Atomkrieg sehr weit entfernt ist. Schliesslich hätte ein atomarer Angriff für Russland einen hohen Preis, was nicht von russischem Interesse sein kann, so der Konsens.
Selbst die Tatsache, dass Russland im Ukraine-Krieg Übungen mit atomfähigen Raketen simuliert, beunruhigt Nuklearwaffenspezialistin Lydia Wachs nicht. «Nuklearwaffen sind vor allem politische Instrumente, mit denen ein Staat rote Linien aufzeigen will. Wir sehen bisher keine echte Vorbereitung Russlands auf einen Atomwaffeneinsatz», sagt sie zum «Spiegel».
Im Falle eines drohenden Machtverlusts könne sich dies aber durchaus ändern, meint Wachs: «Sollte das russische Regime unter extremen Druck geraten, stiege wohl auch das Risiko, dass Putin Nuklearwaffen einsetzt.»
Dieses Szenario scheint im Moment aber sehr weit entfernt zu sein. Gemäss der Nuklearwaffenspezialistin verfolge Russland nur das Ziel, den Westen mit seinen Drohungen einzuschüchtern. So sollen weitere Sanktionen möglichst verhindert werden.
Russische Horror-Propaganda als Einschüchterung
Ähnlich sieht es der Militär-Strategieexperte Albert A. Stahel: «Das sind nur russische Drohgebärden. Es geht Russland darum, die europäische Bevölkerung zu verunsichern», sagt er zu Nau.ch.
Auch die russische TV-Propaganda sei laut Russland-Experte Ulrich Schmid nicht allzu ernst zu nehmen: «Mit den Horrorszenarien soll einerseits dem russischen Publikum die eigene Macht vor Augen geführt werden. Und andererseits soll damit der Westen eingeschüchtert werden», sagt Schmid.
Solche Warnungen würden «zur informationellen Kriegsführung Russlands» gehören, wie sich bereits im Jahr 2014 gezeigt hat. Damals sagte ein Moderator den Zuschauern: «Russland ist das einzige Land der Welt, das die USA realistischerweise in radioaktive Asche verwandeln könnte.»