Ukraine-Krieg: Gegenoffensive ist gemäss Experte «schlecht geplant»
Die ukrainischen Behörden sind nicht ganz zufrieden mit ihrer Gegenoffensive. Ein Experte ist einverstanden: «Der Einsatz war schlecht geplant und organisiert.»
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gegenoffensive der Ukraine stockt derzeit, auch die Behörden sind unzufrieden.
- Ein Militär-Analyst kritisiert die Planung und Koordination der ukrainischen Streitkräfte.
- Die Russen hätten sich daher besser auf die ukrainische Angriffe vorbereiten können.
Die Ukraine will ihr Territorium zurückerobern und hat Anfang Juni eine Gegenoffensive gestartet. Doch diese geht nur stockend voran: Grosse Minenfelder, die von Russen überwacht werden, verlangsamen das Tempo der Ukrainer.
Aber nicht nur die Minen sind dafür verantwortlich, dass die Russen noch nicht aus besetzten Gebieten verscheucht wurden. Der Kern des Problems liege bei der Planung und Organisation der ukrainischen Offensive, sagt ein Experte.
Militäranalyst Franz-Stefan Gady vom Institute of International Strategic Studies in London war an der Front. In einem Interview mit der deutschen «Tagesschau» sagt er zum Ukraine-Krieg: Die Gegenoffensive der Ukraine «geht langsam stetig voran, wahrscheinlich mit signifikanten Verlusten.»
Die Streitkräfte von Präsident Selenskyj häten von Beginn an auf Angriffe von Kampf- und Schützenpanzern gesetzt. Diese seien aber erfolglos gewesen, weil die Koordination mangelhaft gewesen sei. «Der Einsatz war schlecht geplant und organisiert», so Gady.
Die Synchronisierung bei solchen Einsätzen sei eben zentral. Sie umfasse eine «knappe und möglichst simultane Anwendung verschiedener militärischer Ansätze». Und das sei zu Beginn nicht geschehen. Stattdessen seien die Angriffe nacheinander und mit teils grossen Abständen erfolgt.
Ukraine-Krieg: Russen hatten Zeit, sich auf Gegenoffensive vorzubereiten
Für die Russen war dies gut: Sie hätten gewusst, dass die Ukrainer daraufhin angreifen würden. Dadurch hätten sie ihre Einheiten vorbereitet und verschoben. Anschliessend seien russische Kamikaze-Drohnen und Artillerie gegen die Ukrainer eingesetzt worden.
Als zweiter Grund für den ausbleibenden Schnellsieg der Ukraine nennt Franz-Stefan Gady auch Waffen: Aber nicht etwa mangelhafte Lieferungen, sondern wieder deren Einsatz. Ihre beste Wirkung entfalteten die gelieferte Waffen «im Verbund», sagt der Militärexperte.
Inzwischen habe die Ukraine auf Infanterie-Angriffe umgeschaltet, so Gady. Alles werde zu Fuss durchgeführt: Munition gebracht, Verwundete abtransportiert.
Dass die Russen wegen der Gegenoffensive kollabieren würden, hält der Experte für unwahrscheinlich, aber möglich. Diese Offensive werden wohl noch bis in den Herbst gehen, lautet Gadys Einschätzung.