Vergewaltigungsopfer Gisèle Pélicot: «Will Taten ein Gesicht geben»
Gisèle Pélicot wurde über Jahre von ihrem Ehemann betäubt und missbraucht – in rund 200 Fällen. Vor Gericht zeigt sie sich offen – aus gutem Grund.
Der Prozess sorgt weit über Frankreich hinaus für Aufsehen, so unfassbar sind die Taten. Die 72-jährige Gisèle Pélicot wurde über Jahre durch ihren eigenen Mann missbraucht. Er betäubte sie und filmte sie dabei, wie andere Männer mit ihr Sex hatten. Hundertfach.
Am Donnerstag sagte Pélicot nun selbst vor Gericht aus. Und sie zeigte sich – obwohl sie als Opfer einen besonderen Schutz hätte in Anspruch nehmen können – bewusst öffentlich. Sie wolle den Taten ein Gesicht geben, sagte sie vor Gericht.
«Ich spreche für all die Frauen, die unter Drogen gesetzt werden und es nicht wissen», zitiert sie der «ORF». «Ich tue das im Namen all der Frauen, die es vielleicht nie wissen werden.»
Gisèle Pélicot lehnt Anonymisierung ab
Ein Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit lehnte sie ebenso ab wie eine Anonymisierung ihres Namens. Ihr Mann, der auf der Anklagebank sass, verfolgte ihre Aussagen mit gesenktem Kopf.
Die Szenen, die Gisèle Pélicot beschrieb, waren nichts für schwache Gemüter. «Ich liege reglos im Bett und werde vergewaltigt. Das sind barbarische Szenen», sagte sie.
Selbst erfahren, dass sie «wie eine Stoffpuppe» vergewaltigt wurde, hatte sie erst durch die Ermittler. Diese waren ihrem Mann wegen eines anderen Vergehens überhaupt erst auf die Schliche kommen.
Sie zeigten Pélicot Bilder und Videos, die sie auf dem Computer ihres Mannes gefunden hatten. 4000 Dateien von rund 200 Vergewaltigungen in den Jahren 2011 bis 2020 hatte er abgespeichert. Für mich sind das Horrorszenen«, sagte sie.
Ehemann bot Videos seiner Taten im Internet an
Die meisten Vergewaltigungen beging Pélicots Ehemann selbst, rund 90 Mal waren andere Männer die Täter. Viele wurden inzwischen identifiziert und müssen sich ebenfalls vor Gericht verantworten.
Mit Schlafmitteln hatte der Mann seine Frau betäubt, bevor er oder andere sie missbrauchten. Die Videos stellte er ins Internet – dort bot er sie gegen Geld an.
«Meine Welt ist zusammengebrochen. Alles ist zusammengebrochen, was ich in 50 Jahren aufgebaut habe», sagte Pélicot vor Gericht. Inzwischen läuft die Scheidung.