Wurmeier in uraltem Kot verraten Ernährungsweise

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Grossbritannien,

Vor etwa 700 Jahren assen die Menschen einer Studie zufolge zunehmend Rindfleisch und weniger Fisch. Was waren wohl die Gründe für die Ernährungsumstellung?

Luzerner Kantonsarchäologen während Ausgrabungsarbeiten.
Luzerner Kantonsarchäologen während Ausgrabungsarbeiten. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Archäologen haben uralten Kot mit Wurmeiern gefunden.
  • Anhand der Parasiten konnten sie einiges über frühere Ernährungsweisen lernen.
  • Zum Beispiel wurde ab 1300 vermutlich vermehrt Rindsfleisch statt Fisch gegessen.

Menschen in der Hansestadt Lübeck haben um das Jahr 1300 herum vermutlich ihre Ernährung umgestellt: Statt hauptsächlich Süsswasserfische assen sie vermehrt Rindfleisch. Dies folgern Wissenschaftler aus der Untersuchung von Bandwurm-Eiern, die sie in den Überbleibseln mittelalterlicher Latrinen gefunden haben. Die Forscher stellen ihre Studie im Fachmagazin «Proceedings B» der britischen Royal Society vor. Ob der zunehmende Reichtum oder die zunehmende Verschmutzung der Gewässer dafür verantwortlich ist, können die Wissenschaftler nicht beantworten.

Grundsätzlich ist die genetische Untersuchung von altem Kot nicht neu. Bisher sei sie aber hauptsächlich auf Einzelproben angewendet worden und um die Erreger von Krankheiten, wie Pest, Lepra, Pocken, Malaria und Tuberkulose, zu finden, schreiben die Forscher um Adrian Smith von der University of Oxford (Grossbritannien). «Im Gegensatz dazu haben die Darmwürmer (Helminthen) keine verheerenden klinischen Wirkungen und die Eier sind in einer Vielzahl von archäologischen Umfeldern, die mit dem menschlichen Fäkalmaterial in Zusammenhang stehen, leicht nachweisbar.»

5600 Jahre alter Kot

Das Team um Smith untersuchte Kotproben aus Lübeck und Ellwangen, Bristol und York (Grossbritannien), Zürich (Schweiz) und Břeclav-Pohansko (Tschechien). Die Proben stammten überwiegend aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, nur diejenigen aus Zürich waren bis zu 5600 Jahre alt. Über eine Genanalyse bestimmten sie die Arten der Eier verschiedener parasitischer Würmer. Spulwürmer (Ascaris lumbricoides) und Peitschenwürmer (Trichuris trichiura), die beide zu den Fadenwürmern gehören, wurden in Proben aus allen Orten gefunden.

Besondere Aufmerksamkeit schenkten die Wissenschaftler den umfangreichen Proben aus Lübeck, die bei Grabungen im Gründungsviertel gefunden worden waren. Darin fanden sie in grosser Zahl Eier des Fischbandwurms (Diphyllobothrium latum) und des Rinderbandwurms (Taenia saginata). Allerdings war der Fischbandwurm vor dem Jahr 1300 sehr viel stärker verbreitet als danach; beim Rinderbandwurm war es genau umgekehrt.

Vom Fisch zum Rind

Die Forscher folgern daraus, dass die Nutzer der Latrinen etwa ab 1300 weniger Süsswasserfische und mehr Rindfleisch gegessen haben. Zudem müssen sie Fisch und Fleisch roh oder nur wenig gekocht gegessen haben, sonst hätten sie sich nicht mit dem Wurm infizieren können.

Wie der Wechsel in den Ernährungsgewohnheiten zustande gekommen ist, dazu gibt es in der Geschichtsforschung nur wenige Anhaltspunkte. Ein möglicher Grund könnte die Erweiterung Lübecks gewesen sein, durch die der Fluss Wakenitz durch die Produktion von Fleisch und Leder zunehmend verschmutzt wurde. Möglicherweise seien die Fische infolgedessen nicht mehr attraktiv gewesen. Denkbar ist auch, dass durch die Verschmutzung die Ruderfusskrebse, die als Zwischenwirt des Fischbandwurms dienen, stark reduziert wurden. Schliesslich könnte der zunehmende Reichtum der Hansestadt dazu geführt haben, dass sich mehr Familien Rindfleisch leisten konnten.

Hohe Parasitendiversität

Von den untersuchten Orten fanden sich neben Lübeck nur in Bristol Hinweise auf eine Ernährungsumstellung. Auch war die genetische Vielfalt der Band- und Fadenwürmer in Lübeck sehr viel grösser als in den anderen Städten. Die Forscher bringen das in Zusammenhang mit dem regen Warenverkehr der Handelsstadt, mit dem auch mehr Parasiten aus anderen Orten in die Stadt gekommen seien. «Parasitendiversität könnte als ein Marker für das Ausmass des Austausches, die ein bestimmter Ort mit anderen Regionen hatte, nützlich sein», schreiben Smith und Kollegen.

Dass früher viel rohes oder wenig gekochtes Fleisch gegessen wurde, hatte auch ein Team um Martin Søe von der Universität Kopenhagen herausgefunden. In einer Studie, die im April veröffentlicht wurde, schlossen die Forscher anhand der Parasiteneier, dass in Nordeuropa vor allem Fisch und Schweinefleisch gegessen wurde. Auch ergaben sich Hinweise darauf, dass Schafe, Pferde, Hunde und Schweine als Nutztiere gehalten wurden oder zumindest in der Nähe der Menschen lebten.

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