Die meisten Menschen sind weder Eule noch Lerche

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Belgien,

Ob wir Frühaufsteher oder Langschläfer sind, bestimmt längst nicht nur der Wecker. Und laut einer neuen Studie soll es sogar zwei weitere Schlaftypen geben.

Symbolbild
Ob wir am Morgen aus den Federn mögen oder nicht, wird unter anderem von unseren Genen bestimmt. - Bild: iStock - Community

Das Wichtigste in Kürze

  • Zu Eule und Lerche gesellen sich laut neuer Studie zwei weitere Schlaftypen.
  • Der «Nickerchen-Typ» hat ein Nachmittagstief, der «Nachmittags-Typ» ist genau dann besonders aktiv.
  • Die Studie löst bei einem Schweizer Schlafforscher Skepsis aus. Selbst Eulen oder Lerchen seien die wenigsten von uns.

Was für ein Schlaftyp bist du? Oft hört man in diesem Zusammenhang von Eulen und Lerchen. Die einen sollen frühmorgens kaum in die Gänge kommen, die anderen aber gerade in den frühen Morgenstunden am produktivsten sein. In der Fachsprache spricht man hier übrigens auch von Chronotypen, was den individuellen Schlaf-wach-Rhythmus bezeichnet. 

Wenn du dich weder als Morgen- noch Abendmensch siehst, bist du vielleicht ein «Nickerchen-» oder «Nachmittags-Typ». Diese zwei neuen Kategorien schlägt ein Team von Schlafforschern aus Russland und Belgien vor. Die Psychologen, Biologen und Ärzte mehrerer Universitäten und Universitätsspitäler aus Brüssel und Moskau haben online 1305 Personen zwischen 17 und 90 Jahren zu ihrem Schlaf-wach-Verhalten und ihrer Tagesmüdigkeit befragt.

Die Studienautoren beschreiben die zwei von ihnen zusätzlich identifizierten Schlaftypen wie folgt:

• Der «Nickerchen-Typ» zeigt um die Mittagszeit ein Müdigkeitstief. Ähnlich wie die frühaufstehende Lerche ist dieser Typ morgens sehr wach, wird gegen Mittag aber wieder müde und überwindet die schläfrige Phase gegen 15 Uhr, um dann bis zirka 22 Uhr nochmals durchzustarten. 

• Der «Nachmittags-Typ» dagegen ist – ähnlich wie die nachtaktive Eule – morgens schwer wachzukriegen und zeigt sich am produktivsten um die Mittags- und Nachmittagszeit zwischen 11 und 17 Uhr.              

Zweifelhafte Resultate

Dass es neue Chronotypen geben soll, stimmt den Schweizer Schlafforscher Christian Cajochen skeptisch. Er ist Leiter des Zentrums für Chronobiologie an der Universität Basel. «Die Autoren vermischen hier zwei Dinge», sagt er, «nämlich den Chronotyp, also um welche Zeit man abends zu Bett geht und morgens wieder aufsteht, und wie müde man sich im Tagesverlauf fühlt. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.» Deshalb würde der Schlafforscher die zwei in der Studie neu identifizierten Typen nicht gleich als neue Chronotypen deklarieren. Trotzdem findet Cajochen die Studie interessant, da sie zeige, dass Menschen unterschiedliche Tagesmüdigkeitsmuster aufweisen würden.

«Das Konzept der Lerchen und Eulen ist aber keineswegs ein Mythos», sagt Cajochen, «welchem Chronotyp man angehört, kann mit einem Speicheltest gemessen werden.» Damit wird der Melatonin-Spiegel – also die Schlafhormonkonzentration – im Blut erfasst. Die Chronobiologie – die Lehre der Inneren Uhr – unterscheidet zwischen drei verschiedenen Chronotypen: Dem Morgen-, dem Abend- und dem Normaltypen. Laut Cajochen gehören die meisten Menschen Letzterem an, sind also weder extreme Morgen- noch extreme Abendtypen. Normaltypen gehen ungefähr zwischen elf und zwölf Uhr abends zu Bett und stehen am nächsten Tag zwischen sieben und acht Uhr morgens wieder auf.

Im Alter wird man «lerchiger»

Welcher Kategorie man angehöre, sei einerseits vor allem genetisch vorbestimmt, andererseits altersabhängig, sagt der Cajochen. Selbst wenn äussere Einflüsse wie das Umgebungslicht, der Beruf oder das gesellschaftliche und soziale Umfeld den Rhythmus etwas beeinflussen – von der Lerche zur Eule oder umgekehrt wird niemand. «Das ist praktisch unmöglich», sagt Cajochen, «den eigenen Schlaf-wach-Rhythmus um ein, zwei Stunden auf Dauer zu verschieben, geht – mehr aber nicht.» 

Diese Tatsache mache Schichtarbeit so ungesund. «Vor allem dann, wenn etwa ein Abendtyp als Bäcker arbeitet und immer schon frühmorgens aufstehen muss», sagt er. «Die Kombination eines Schlafdefizits und der Verschiebung der inneren Uhr bedeutet immer Stress für den Körper.» Egal, ob Mensch oder Tier – es sei immer ein Problem, wenn ein Organismus nicht in der Zeit schlafen dürfe, für die er genetisch programmiert sei. Deshalb sei es für uns nicht nur wichtig, genug zu schlafen. «Der richtige Zeitpunkt ist genauso wichtig», sagt Cajochen. Ein langsamer Wechsel finde aber dennoch statt: «Im Alter werden die meisten von uns etwas ‹lerchiger›.»

Initiated by Gebert Rüf Stiftung

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