Gibts in den Schweizer Bergen Riesen-Vorräte Wasserstoff?
Forscher haben herausgefunden, dass unter Gebirgsketten riesige Reserven an Wasserstoff verborgen sein könnten. Auch in der Schweiz.
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Das Wichtigste in Kürze
- Einer Studie zufolge könnten in den Alpen grosse, natürliche Wasserstoff-Vorkommen liegen.
- Weisser Wasserstoff könnte die weltweite Energieversorgung revolutionieren.
- Die Forscher sind optimistisch. Ein «Wundermittel auf Anhieb» sei es aber nicht.
In den Schweizer Alpen könnten grosse Mengen an natürlichem Wasserstoff lagern. Das ergibt sich aus einer neuen Studie, die gestern in der Zeitschrift «Science Advances» veröffentlicht wurde.
Das sauber brennende Gas könnte helfen, die Klimakrise zu bekämpfen. Bei Verbrennung von Wasserstoff entsteht lediglich Wasser.
Natürlicher Wasserstoff, auch als weisser Wasserstoff bekannt, wird seit einigen Jahrzehnten von Wissenschaftlern erforscht.
Die Herausforderung besteht darin, genug davon zu finden, um unseren hohen Energiebedarf zu decken. Ein Forscherteam hat nun mittels Computermodellen mögliche Lagerstätten identifiziert.
Wasserstoff wird heute meistens mit fossilen Brennstoffen produziert
Laut der Studie könnten Gebirgszüge wie die Pyrenäen, die Alpen sowie Teile des Himalaya wahre Hotspots für weissen Wasserstoff sein.
Zunächst tief verborgenes Mantelgestein wandert demnach in Richtung Oberfläche. Dieses Gestein könnte die Grundlage für eine Wasserstoffproduktion liefern.
Bisher wurde kommerzieller Wasserstoff meist aus fossilen Brennstoffen gewonnen – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Klima. Die Aussicht auf weissen Wasserstoff macht deshalb grosse Hoffnung.
Mini-Mengen in Mali bis in die USA
Weisser Wasserstoff wurde bereits in Ländern wie Mali, den USA und Australien gefunden – allerdings bisher nicht in grossen Mengen.
«Wir wissen, dass die Natur Wasserstoff produziert», sagt Studienautor Frank Zwaan Studienautor. Er ist Geologe am Helmholtz-Zentrum für Geowissenschaften.
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Allerdings sei die Suche nach Alternativen durch die Klimakrise dringender geworden. Zwaan und sein Team konzentrierten sich auf den Prozess der «Serpentinisierung», bei dem Wasserstoff entsteht.
Wo liegen die Giga-Reservoire genau?
Die Forscher nutzten Modelle von tektonischen Platten, um herauszufinden, wo und wann geeignete Gesteine an die Oberfläche gelangt sind.
Sie fanden heraus, dass bestimmte Gebirgszüge ideale Bedingungen für die Entstehung von weissem Wasserstoff bieten.
Nun gilt es zu klären, wo genau grosse Reservoire des Gases liegen könnten.
Es könnte sogar möglich sein, den Prozess künstlich anzukurbeln. Indem man Wasser in Bereiche pumpt, in denen geeignete Gesteine nahe der Oberfläche liegen.
In Frankreich, den Balkanstaaten und den USA wird bereits nach weissem Wasserstoff gesucht. Die neue Studie könnte dabei helfen, gezielter vorzugehen.
Auch Öl war zu Beginn «eine Art Kuriosität»
Allerdings dürfte es noch Jahrzehnte dauern, bis eine kommerzielle Nutzung möglich ist: «Wir sollten nicht erwarten, dass es ein sofortiges Wundermittel ist», so Zwaan.
Es gebe aber durchaus Gründe, optimistisch zu sein. «Öl war eine Art Kuriosität, bis die Technik für den Einsatz im grossen Massstab ausgereift war.»
Weisser Wasserstoff «könnte einen ähnlichen Weg einschlagen» und «ein Wendepunkt sein».