Lässt Joe Biden die jungen Wähler links liegen?
Joe Biden (77) will US-Präsident werden. Sein Weg führt auch über die junge Wählerschaft. Doch bei den jungen Amerikanern ist Biden nur die zweite Wahl.
Das Wichtigste in Kürze
- Joe Biden wurde diese Woche als Präsidentschaftskandidat der Demokraten bestätigt.
- 37 Prozent der Wählerschaft in den Vereinigten Staaten sind unter 36 Jahre.
- Trotzdem setzt die Partei auf alte Gesichter und seine ältere Stammwählerschaft.
Es ist geschafft, was niemand mehr bezweifelt hat: Joe Biden ist diese Woche als demokratischer Herausforderer von US-Präsident Donald Trump bestätigt worden. Die US-Demokraten haben am Tag Zwei ihres Partei-Konvents den ehemaligen Vize definitiv zu ihrem Kandidaten ernannt. Bei dem weitgehend virtuell abgehaltenen Parteitag erhielt der 77-Jährige die notwendigen Delegiertenstimmen für das Rennen ums Weisse Haus.
It is the honor of my life to accept the Democratic Party's nomination for President of the United States of America. #DemConvention
— Joe Biden (@JoeBiden) August 19, 2020
Die Chancen stehen bisher gut für Biden. Laut landesweiten Umfragen liegt er deutlich vor Präsident Trump. Doch aufgrund des komplizierten Wahlsystems sind diese wenig aussagekräftig.
Umso mehr gilt es nun die Wählerschaft für den 3. November zu mobilisieren – sprich: Wahlkampf.
Demokraten setzen nicht auf junge Wähler
Für Biden wird auch die junge Wählerschaft wichtig werden. Junge zwischen 18 und 35 machen gemäss Pew Research Center rund 37 Prozent der amerikanischen Wählerschaft aus. Und diese jungen Wähler stimmen deutlich öfters demokratisch.
Bei den Midterm-Wahlen 2018 strömten 42 Prozent von ihnen an die Urne. 20 Prozent mehr als noch bei den Midterms vier Jahre zuvor.
Dies zeigt: Für die Demokraten scheint es besonders wichtig, dass diese junge Wählerschaft an die Urnen gelockt wird. Doch die Partei selbst scheint diesem Umstand wenig Rechnung zu tragen: Sie tritt mit einem 77-jährigen Kandidaten an. Geboren noch zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs und im Schnitt knapp ein halbes Jahrhundert älter als diese Wählergruppe.
Und auch am Parteitag setzt man auf Alteingesessene: Es sprechen etwa Ex-Präsident Bill Clinton (74). Die Ex-Aussenminister John Kerry (76) und Hillary Clinton (72).
Oder Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi (80). So scheint das Programm auf ältere Amerikaner und Langzeitwähler abgestimmt.
Doch klar ist: Bei den Jungwählern ist Joe Biden längst nicht die erste Wahl. Dies liegt nicht nur an seinem Alter, sondern vielmehr an seinem moderaten Programm.
Doch er bleibt: «Die beste Option, die wir haben.» «Wichtig um unsere Demokratie zu retten.» «Eine moderate Fortsetzung des Status quo.» So das Fazit einer Umfrage von BBC bei Jungwählern.
Wahl wird zum Referendum über Donald Trump
Joe Biden kann also darauf hoffen, dass die Wahl am 3. November zum Referendum gegen Donald Trump wird. In der Coronavirus-Krise und bei den Protesten der Black-Lives-Matter-Bewegung agierte der Präsident konzeptlos.
Doch langfristig muss sich die Partei definitiv die Frage stellen: Wie schafft sie es, die junge Wählerschaft anzusprechen und langfristig an sich zu binden? Sicher nicht mit einem weiteren Präsidentschaftskandidaten im Format von Hillary Clinton und Joe Biden, aus dem alten, moderaten Parteiklüngel.
In diesem Sinne ist Bidens Vize-Wahl von Kamala Harris hoffnungsvoll für die Partei. Harris politisiert erst seit vier Jahren in Washington, hat sich aber schon viel Respekt verschafft. Sie gilt als starke Rednerin, setzt sich insbesondere auch für Frauenrechte und Klimaschutz ein. Harris dürfte Biden frischen Wind und etwas mehr Profil verleihen.
Funktioniert das Zweiergespann Biden-Harris, steht die 55-Jährige in der Pole-Position ums Präsidentenamt in vier Jahren.