60'000 Franken fehlen: Brasserie Lorraine droht Aus
Der Ort, der kulturelle Aneignung zum schweizweiten Thema machte, steckt in Geldnot. Bis jetzt konnte die Brasserie Lorraine in Bern 42'929 Franken auftreiben.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Brasserie Lorraine in Bern geht bald bankrott: Der Lockdown hat dem Lokal zugesetzt.
- Die Beiz braucht 100'000 Franken, um den Kredit zurückzuzahlen.
- Bisher konnte sie trotz grossen Spendenaufrufs erst 42'949 Franken auftreiben.
Restaurants haben es seit Corona nicht einfach. Ein Drittel der Beizen in der Schweiz hat den Lockdown nicht überlebt, viele spüren die Folgen immer noch. So auch die Brasserie Lorraine: Das Kultlokal in Bern steht kurz vor dem Konkurs.
Nach der Pandemie musste die «Brass» einen Kredit aufnehmen – die Rückzahlung bereitet Sorgen. Insgesamt 100'000 Franken braucht das Lokal, um die Schulden zu tilgen.
Deshalb hat das Restaurant einen grossen Spendenaufruf gestartet: Für 50 Franken erhalten die Spender einen hausgemachten Eistee. Wer 250 Franken spendet, kriegt einen Gutschein für ein Mittagessen zu zweit.
Stand März 2024 hat die Brass 42'949 Franken zusammengebracht, schreibt das Berner Portal «Journal B»: Das würde bedeuten, dass knapp 860 Menschen sich einen Eistee geholt haben – oder 170 Menschen ein Mittagessen.
Auch wenn das nach vielen Spenderinnen und Spendern klingt, das Ziel ist bei Weitem nicht erreicht. Damit fehlen rund 60'000 Franken – das Lokal steht vor dem Aus.
Beiz sorgte mit Konzert-Abbruch schweizweit für Schlagzeilen
Die Brasserie Lorraine gibt es schon seit 1981 und war – bis zur Kreditaufnahme – immer selbstverwaltet. Sie gilt als Treffpunkt für politisch aktive Menschen sowie als Ort, der alle willkommen heisst. Auch jene mit wenig Geld, weshalb es im Lokal auch keinen Konsumzwang gibt.
Mit dem Untergang der «Brass» geht ein Kulturort von Bern verloren. Said, ein Gast der Brasserie Lorraine, sagt dazu: «Hier gibt es viel Empathie. Es ist ein Ort der Begegnung, wo es viel Freiheit gibt. Hier kann man sein, auch wenn man kein Geld hat, alle sind gleich.»
Die Brasserie Lorraine sorgte im Sommer 2022 für Schlagzeilen: Das Kollektiv brach ein Konzert der Reggaeband Lauwarm ab. Menschen im Publikum haben sich aufgrund kultureller Aneignung unwohl gefühlt: Einige weisse Bandmitglieder trugen nämlich Dreadlocks.
Dieser Entscheid löste eine schweizweite Diskussion aus: Dürfen weisse Menschen Stilmerkmale aus der Kultur der Schwarzen übernehmen? Sind Dreadlocks bei Weissen kulturelle Aneignung? Ein Aufreger-Thema – die Meinungen gingen weit auseinander.
Die Situation eskalierte sogar so weit, dass die Junge SVP Anzeige gegen die Betreibenden des Lokals erstattete. Der Vorwand: Die «Brass» hätte «Rassismus gegen Weisse» ausgeübt. Die Berner Staatsanwaltschaft hat einen Strafbefehl erlassen, dieser ist allerdings noch nicht rechtsfähig. Die Band Lauwarm distanziert sich von der Jungen SVP – sie selbst sehen sich nämlich nicht als «Opfer von Rassismus».