Angst vor Dieben! Touris ketten Koffer im Zug an – «überflüssig»
Touristen ketten im Zug nach Bern ihre Koffer mit einem Zahlenschloss an ein Geländer im Eingangsbereich. Wird in Zügen vermehrt Gepäck geklaut?
Das Wichtigste in Kürze
- Berner-Oberland-Touristen ketten im Zug nach Bern ihre Koffer im Eingangsbereich an.
- «Überflüssig», findet ein Kriminologe – in Schweizer Zügen sei Gepäckdiebstahl selten.
- Die SBB hat wenig Verständnis und verweist auf die für das Gepäck vorgesehenen Ablagen.
Nau.ch-Leser Pius K.* staunt nicht schlecht, als er in Thun BE in den Zug nach Bern einsteigt.
«Da standen zwei grosse Reisekoffer im Eingangsbereich des Wagens. Beide waren mit einem Zahlenschloss an das Geländer gekettet. Vermutlich, damit diese nicht gestohlen werden», schildert der Thuner.
Von den Besitzerinnen oder Besitzern keine Spur. «Die sassen wohl im Zugabteil. So etwas habe ich noch nie gesehen», sagt der Pendler.
Der 26-Jährige vermutet: «Das waren wohl Touristen aus Interlaken BE. Der Zug kam von dort und ist am Morgen neben den Pendelnden jeweils gefüllt mit Interlaken-Touris.»
Pius K.* ist verunsichert: «Habe ich etwas verpasst? Wird im Zug neuerdings mehr Gepäck gestohlen, sodass man es jetzt anketten muss?»
«Nein, Gepäckdiebstahl ist selten», versichert Kriminologe Dirk Baier gegenüber Nau.ch.
Die Kantonspolizei Bern stützt diese Einschätzung. Und lässt auf Anfrage verlauten: «Seit 2020 können wir keinen Anstieg der Zahlen von gestohlenen Gepäckstücken oder anderen Gegenständen in Zügen feststellen.»
Für Baier ist deshalb klar: «In der Schweiz scheint mir ein solches Verhalten überflüssig. Ich würde daher sehr empfehlen, auf das Anketten von Gepäck zu verzichten.»
Laut Baier gebe es in den Zügen meist Möglichkeiten, sein Gepäck in der Nähe aufzubewahren. Sodass man es während der Fahrt im Auge behalten kann. Es anzuketten führe sogar zu Nachteilen.
«Man kann das Gepäck nicht schnell wegräumen, wenn beispielsweise in einer Notsituation Platz gemacht werden muss», erklärt Baier.
Und weiter: «Es kann zu stressigen Situationen beim Aussteigen führen, wenn das Gepäck wieder gelöst werden muss.»
SBB hat wenig Verständnis
Auch bei der SBB stösst das angekettete Touri-Gepäck auf wenig Verständnis.
Die SBB stellt gegenüber Nau.ch klar: «Gepäckstücke müssen in den dafür vorgesehenen Ablageflächen verstaut werden. Der Handlauf gehört nicht dazu.»
Reisende müssten stets uneingeschränkt ein- und aussteigen können. Die Laufwege haben deshalb jederzeit frei zu bleiben.
Baier vermutet bei den diebstahlsicher gemachten Koffern einen Ausnahmefall. Dieser würde womöglich mehr über die Personen aussagen als über die Gepäck-Sicherheit in Schweizer Zügen.
«Ich denke, dass Personen aus Ländern, in denen solche Diebstähle tatsächlich vorkommen, entsprechende Vorkehrungen vornehmen», so der Kriminologe.
Nau.ch-Leser Pius K.* ist erleichtert: «Somit kann ich meinen Koffer im Zug also weiterhin ohne Bedenken einfach in den Gepäckablagen oder zwischen den Sitzreihen deponieren.»
* Name von der Redaktion geändert.