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Bündner vermietet in Zürich WG-Zimmer für über 1090 Franken – Kritik

Stephan Felder
Stephan Felder

Zürich,

Sogenannte Co-Living-Anbieter schiessen aus dem Boden. Sie vermieten WG-Zimmer zu teilweise hohen Preisen – am Rand der Legalität. Das sorgt für Kritik.

Loris Moser
Loris Moser vermietet ein WG-Zimmer für 1090 Franken. - Screenshot

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Wohnungsnot in Zürich bringt auch lukrative Geschäftsideen.
  • Unternehmer Loris Moser vermietet möblierte WG-Zimmer an Studenten.
  • Für seine Idee erntet der Jungunternehmer aber auch Kritik.

«Es ist eine beschämende Situation», sagen Zürcher Studierende über ihre Wohnsituation. «Unsere Standards sinken in alarmierendem Tempo.» Hauptsache ein Bett, möglichst kein Mehrbettzimmer – mehr wird schon gar nicht erwartet.

Die Wohnungssuche in Zürich treibt junge Menschen zur Verzweiflung. Was einst ein rebellisches Wohnmodell war, wird so zur lukrativen Geschäftsidee: WGs sind das neue Business der Stunde.

Co-Living statt Komfort

Sogenannte Co-Living-Anbieter schiessen aus dem Boden. Der «Tages-Anzeiger» berichtete zuerst.

Auf der Website der Firma Next Gen Properties lachen sich zwei Frauen zu: Cherrytomaten in der Hand, WG-Idyll auf Knopfdruck.

Gegründet hat die Firma der 27-jährige Loris Moser aus St. Moritz. Der ehemalige Wirtschaftsstudent merkte schnell: WG-Zimmer sind in Zürich Gold wert.

Als er 2021 einen neuen Mitbewohner suchte, meldeten sich über 50 Leute.

Hast du schon einmal in einer WG gelebt?

Seine Lösung? Wohnungen mieten, Zimmer mit Ikea-Möbeln aufpeppen und mit einem 20-Prozent-Aufschlag weitervermieten. Heute hat Next Gen Properties 350 WG-Zimmer im Angebot und generiert einen Umsatz in Millionenhöhe.

Die Mitbewohner werden per Zoom-Call verkuppelt. Ein Zimmer kostet im Schnitt 1090 Franken. Ziemlich happig für Studierende, die sonst auch in halben Wohnzimmerecken kampieren würden.

Profit auf Kosten der Wohnungsnot?

Auch andere Anbieter wie Room Estate haben das lukrative Geschäftsmodell erkannt. Wohnungen werden in Rekordzeit zu kommerziellen WGs umgebaut und möblierte Zimmer zu Premiumpreisen angeboten.

Mietrechtsanwälte monieren: Untervermietung darf laut Gesetz keinen unrechtmässigen Profit generieren. Doch die Firmen pokern darauf, dass Studierende und Expats keine Lust auf Rechtsstreitigkeiten haben.

Dokumentarfilmer Dominik Zietlow, der für Recherchen drei Monate in einer kommerziellen WG lebte, berichtet von ernüchternden Erfahrungen: «Es wird ein Gemeinschaftsgefühl vorgegaukelt, aber eigentlich wird die Not der Mieter ausgenutzt.»

Für über 1000 Franken wohnte er in einer halben Wohnzimmerhälfte. Seine Mitbewohner kannte er vorher nur über das Internet.

Studis vermieten schon ihr Bett

Für viele bleibt die kommerzielle WG trotz allem die einzige Lösung. Wer kein Budget für teure Wohnungen hat, schläft lieber in kleinen Zimmern mit Ikea-Möbeln als gar nicht.

Dabei ist die Entwicklung klar: Wohnraum wird effizienter genutzt, die Märkte ziehen an. In Sydney vermieten Studierende bereits ihre Betten – stundenweise, Hot-Bedding nennt sich das.

Ob das die Zukunft der WG in Zürich ist? Firmengründer Loris Moser jedenfalls hat schon grössere Pläne: Bald will er nicht nur mieten, sondern kaufen – ein Co-Living-Haus für die Community der Zukunft.

Derweil wohnt er selbst allein in einer Wohnung am Kreuzplatz. «Gemütlich», sagt er, «aber manchmal vermisse ich das WG-Leben.»

Kommentare

User #4752 (nicht angemeldet)

Genau, heute macht der Kunde die Preise und nicht der Anbieter. Wie im Strassenverkehr, da machen auch die Autofahrer Vorort die Regeln und nicht die Justiz... 😎😎😎

User #2003 (nicht angemeldet)

Bin Koch. Ich miete ein Zimmer ohne WC, ohne Küche für 1950.-/ Monat. Ich finde nix anderes.

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