Gesellschaftsdruck: «Wer keinen Ski-Pass hat, kann nicht mithalten»
Magic Pass, Alps Pass: Wer als Skifahrer etwas von sich hält, besitzt ein Abo. Doch es zeigt sich: Die Angebote setzen Wintersportler immer mehr unter Druck.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Bergbahnen-Tarifverbund Magic Pass wird von Jahr zu Jahr grösser und teurer.
- Mit dem Alps Pass gibt es ab Winter 2025/26 ein Konkurrenz-Angebot.
- Christian Fichter warnt wegen der Pässe vor «exorbitanten» Preisen – und sozialem Druck.
- Tourismus-Experte Urs Wagenseil hingegen sieht darin einen Mehrwert für Kunden.
Wer seine Skiferien plant, richtet sich heutzutage oftmals nicht mehr nach dem Hotel, der Wohnung oder dem sonnigsten Ort.
Vielmehr wird darauf geschaut, ob die Destination denn auch zum Bergbahnen-Verbund gehört, für den man einen Pass gelöst hat.
Mit 197'152 verkauften Abos (plus 9,5 Prozent) erreichte der Magic Pass in der Saison 2024/25 einen neuen Rekord.
99 Skigebiete in der Schweiz, Frankreich und Italien gehören dem Pass an. 48 dieser Orte sind auch im Sommer geöffnet – darunter etwa Saas-Fee VS.
Auf die neue Saison hin schliessen sich Destinationen wie Gstaad BE, Meiringen-Hasliberg BE, Melchsee-Frutt OW oder Sörenberg LU dem Verbund an.
Der Preis: 419 Franken im Vorverkauf für Erwachsene, 282 für Kinder. Nach dem 8. April kostet der Pass für Erwachsene 944 Franken, 419 für Kinder.
Die Konkurrenz, der neu lancierte Alps Pass, wirbt indes mit dem Slogan «Der beste Skipass der Alpen».
Er beinhaltet die grossen Destinationen Adelboden-Lenk sowie die Jungfrau Ski Region im Berner Oberland, die Aletsch Arena im Wallis und Engelberg-Titlis in der Zentralschweiz.
Hier der Preis: 949 Franken für Erwachsene im Vorverkauf (regulär 1249.-). Kinder von 6 bis 15 Jahren zahlen im Vorverkauf 199 Franken (regulär 399.-).
Skifahren wird zur «Verpflichtung»
Einer, der diesen Trend hin zu Skipässen kritisch sieht, ist der Konsumforscher und Wirtschaftspsychologe Christian Fichter. «Die Verbreitung von Saison-Abos schränkt die Wahlfreiheit der Skifahrer deutlich ein», sagt er.
Natürlich werde so kommuniziert, dass diese als günstig und vielseitig erscheinen. «Aber es werden Nutzer faktisch dazu gedrängt, ihr Skiverhalten an den verfügbaren Destinationen auszurichten, um den hohen Abo-Preis zu rechtfertigen.»
Das Skifahren werde so zu einer Verpflichtung. «Das möchte ich nicht, und viele andere Skifahrer auch nicht», betont Fichter.
Zudem bestehe die Gefahr, dass ein sozialer Druck entstehe. «Wer keinen Pass besitzt, wird ausgeschlossen und kann gesellschaftlich nicht mehr mithalten.»
Dies führe zu einem Zwang, diese Pässe zu erwerben, selbst wenn man sie eigentlich nicht benötige oder nicht wolle.
«Langfristig exorbitante Preise»
Auch die Preise würden durch die Abo-Modelle langfristig steigen. Denn die «vorerst moderaten Preissteigerungen» seien nur der Anfang einer Preisentwicklung, die sich stark an der Zahlungsbereitschaft der Kunden orientiere. «Und die ist hierzulande hoch.»
Wie in den USA erwartet Fichter durch diese Entwicklung auch in der Schweiz «langfristig exorbitante Preise». Er prognostiziert: «Skifahren wird so für viele unerschwinglich werden.»

Schliesslich würden kleinere Gebiete immer mehr unter Druck geraten. Während grosse, bekannte Destinationen «vermutlich profitieren und ihre Marktmacht ausbauen können.»
Tourismus-Experte Urs Wagenseil von der Hochschule Luzern widerspricht. Er sagt: «Schaden tun solche Pässe klar niemandem.» Denn offensichtlich sei mit Tageskarten und den dynamischen Preisen ein Wettbewerb da – unabhängig von diesen Verbund-Pässen.
Der Konsument könne mit den Pässen in Sachen Angebotspalette eine Bereicherung erfahren. Das zeige exemplarisch das Beispiel der Top Card der drei Bündner Destinationen Davos Klosters, Arosa Lenzerheide und Laax.
Neu gibt es dort zusätzlich zum Verbundspass drei Wahltage in den vier Destinationen des Alps Pass. Und umgekehrt gilt das Angebot ebenfalls. «Der Konsument hat in aller Form einen Nutzen solcher Pässe», bilanziert Wagenseil.
Bahnen kämpfen so gemeinsam um Kunden
Doch nicht nur für die Skifahrer und Wanderer, auch für die Bergbahnen selbst würden die Pässe die Möglichkeit eröffnen, den Kundenstamm zu erweitern und die Ertragssituation zu optimieren.
«Für die Branche ist es gut, dass man das Bergbahnangebot in grösseren Dimensionen darstellt und dies mit gemeinsamen Angeboten dokumentiert; und sich nicht im Einzelkampf um die Gunst der Kunden abmüht.»
Selbstverständlich könne es dabei Gewinner und Verlierer geben.

Im Sommer beispielsweise habe es noch grosse freie Bahn-Kapazitäten. Von daher sei das Angebot für jene Destinationen, wo der Pass auch im Sommer gilt, bestimmt ein zusätzlicher Gewinn.
Die Pässe als Konsument «herauszufahren» – darin sieht Wagenseil überhaupt kein Problem. Wenn man schon nur bedenke, dass eine «normale» Ski-Tageskarte im Durchschnitt 60 bis 70 Franken koste.
«Diese Abo-Pässe finanziell zu amortisieren, hängt natürlich vom eigenen Aktivitätsgrad ab», sagt er.
Zudem gebe es auch nicht-monetäre Werte; solche Pässe ermöglichen auf einfache Weise an mehreren Orten tolle Bergerlebnisse, Outdoor-Aktivitäten und Erholung.