Krankenkasse: Darum sind Callcenter-Anrufe zurzeit besonders dreist
Für Versicherungsvermittler kommen die Prämien-Aufschläge der Krankenkasse genau richtig. Denn: Unlautere Vermittlermethoden werden nicht sanktioniert.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Aufschläge auf die Krankenkassenprämien setzen aktuell vielen Haushalten zu.
- Gleichzeitig wird es Vermittlern einfach gemacht, missbräuchliche Verträge anzubieten.
- Vorerst sind Konsumenten gegenüber unseriösen Vermittlern ungeschützt.
Das Telefon klingelt, Nummer unbekannt. Wenn man abnimmt, zunächst Stille oder Hintergrundlärm. Dann eine Stimme in gebrochenem Deutsch: «Guten Tag, ich rufe an, um mit Ihnen über die steigenden Prämien der Krankenkasse zu sprechen.»
Viele schütteln wohl schon an diesem Punkt genervt den Kopf – schon wieder ein Callcenter! Einen enormen Anstieg mühsamer Werbeanrufe kann der Konsumentenschutz auf Anfrage von Nau.ch nicht bestätigen. Der Stelle fehlen schlichtweg noch die Zahlen.
Die Medienmitteilung lässt jedoch anderes vermuten: «Den Versicherungen ist klar, [...] dass der Verkauf von Krankenkassen-Zusatzversicherungsprodukten im Herbst auf Hochtouren laufen würde.»
Keine Sanktionen gegen Kaltakquise
Aktuell ist das besonders prekär, denn: Im September haben die beiden grossen Krankenkassenverbände Curafutura und Santésuisse überraschend eine Branchenvereinbarung geändert.
Zuvor konnte eine Aufsichtskommission bei unerlaubten Vermittlertaktiken wie der Kaltakquise, also dem Erstkontakt per Telefon, Sanktionen aussprechen. Jetzt sind der Kommission die Hände gebunden – die Versicherer müssen bis Ende Jahr nicht mit Konsequenzen rechnen.
Optimaler Zeitpunkt für Vermittler
Der Konsumentenschutz führt die Änderung der Branchenvereinbarung nämlich auf die Krankenkassenprämien-Aufschläge zurück. «Mit der Änderung der Vereinbarung wurde das Verkaufen von Zusatzversicherungen noch einfacher und lukrativer gemacht», so der Konsumentenschutz.
Durch die Prämienzuschläge seien Konsumenten sehr empfänglich für Vermittlungen, heisst es in der Medienmitteilung weiter. In der Hoffnung, bessere Konditionen auszuhandeln, würden Konsumenten schliesslich von unseriösen Anbietern über den Tisch gezogen.
Krankenkasse: Seriosität zeigt sich in der Qualität der Antworten
Dennoch geben die beiden Kassenverbände Santésuisse und Curafutura Entwarnung: Es gebe Möglichkeiten, unseriöse Anbieter am Telefon zu entlarven, erklären sie in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber Nau.ch.
Ganz grundsätzlich raten die Krankenkassenverbände, sich am Telefon stets skeptisch zu zeigen und Fragen zu stellen. «Woher haben Sie meine Telefonnummer?» oder «Für welche Firma arbeiten Sie, können Sie mir den Namen buchstabieren?»
Dies könne schon ausreichen. Würden die Fragen schlecht oder gar falsch beantwortet, habe man sehr wahrscheinlich einen unseriösen Vermittler am Hörer.
«Darüber hinaus legt die Branchenvereinbarung Qualitätskriterien für die Beratung fest», so Santésuisse und Curafutura. Zu diesen zählt beispielsweise, den Namen, die Firma und den Zweck des Anfrufs zu Beginn zu erwähnen. Zudem müsse auf jeden telefonisch abgeschlossenen Versicherungsvertrag eine schriftliche Bestätigung samt Widerrufsrecht folgen.