Krankenkassen-Experte: Diese drei Fehler führten zum Prämienschock
Die Krankenkassenprämien steigen um 8,7 Prozent. Experte Felix Schneuwly kritisiert Alain Berset. Und sagt, welche Fehler es künftig zu vermeiden gilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly sagt, wie KK-Prämien wieder billiger werden.
- Einen Fehler dürfe der Nachfolger von Alain Berset nicht wiederholen.
- Auch bei den Spitälern und Ärzten müsse man jetzt den Hebel ansetzen.
Seit Dienstag ist klar: Die Krankenkassen werden teurer. Im Schnitt steigen die Prämien um 8,7 Prozent, kündete Gesundheitsminister Alain Berset an.
Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly vom Vergleichsportal Comparis erklärt bei Nau.ch, wie es dazu kam. Und welche drei Fehler man in Zukunft unbedingt verhindern muss.
Eine grosse Mitschuld gibt Schneuwly dem abtretenden Bundesrat Alain Berset selbst. Seit 2021 zwingt der Bundesrat die Kassen, ihre Reserven abzubauen. Nun die Quittung.
«Nach jedem politisch erzwungenen Reservenabbau folgen Prämienschocks.» Das sei auch schon bei Ruth Dreifuss und Pascal Couchepin so gewesen. «Dass Alain Berset diesen Fehler wiederholt hat, ist unverständlich.»
Fehler Nummer eins: Berset und «wenn plötzlich alle bei der Migros einkaufen ...»
Prämienschocks hätten immer zur Folge, dass viele Versicherte ihre Kasse wechseln. «Bietet eine Kasse überall in der Schweiz die tiefsten Prämien an, bekommt sie viele neue Kunden.» Zu viele ...
Schneuwly sagt: «Wenn plötzlich alle in der Migros Lebensmittel einkaufen, bekäme die Migros auch Probleme.»
So passiert bei der Krankenkasse KPT.
Letztes Jahr noch die günstigste Anbieterin, nun muss sie – nach starkem Zulauf – massiv aufschlagen. Das KPT-Problem sei ein gutes Beispiel für die Fehler der Politik. «Wegen dem Reservenabbau fehlen diese nun, um kurzfristig stark steigende Kosten abzufedern.»
Auch der nächste Fehler lässt sich am KPT-Beispiel zeigen: Das BAG muss den Kassen besser auf die Finger schauen.
Fehler Nummer zwei: Kassen unterschätzen den Zulauf – und BAG warnt nicht
«Das BAG prüft und genehmigt die Prämien.» Die jeweiligen Versicherer machen mit Prämienprognosen auch Prognosen, wie sich der Kundenstamm entwickelt. Und das sei etwa bei KPT schiefgelaufen.
Schneuwly: «Der KPT hätte das BAG sagen müssen, dass die Prognose nicht plausibel ist. Weil sie das Wachstum des Kundenstamms angesichts der tiefen Prämien 2023 unterschätzt hat.»
Weil das BAG nicht einschritt, wurde die KPT überrannt. Und verliert die Kunden nun wieder, weil man massiv aufschlagen muss.
Fehler Nummer drei: Qualität statt Quantität bei Ärzten!
Schneuwly sieht weiteren Handlungsbedarf: Im letzten und im laufenden Jahr sind die Gesundheitskosten wieder angestiegen. «Hauptkostentreiber ist die steigende Nachfrage nach versicherten medizinischen Leistungen.»
Wichtig sei einerseits, dass «Bundesbern aufhört mit bürokratischem Mikromanagement. Und den Hebel bei der Finanzierung ansetzt. Jetzt werden nur Mengen vergütet.»
Das müsse sich ändern: «Ärzte, Spitäler und andere medizinische Leistungserbringer müssen für Effizienz und Qualität belohnt werden.»
Beispiel: «Eine Hausärztin, die mit etwas mehr Aufwand ihre Diabetikerinnen so gut behandelt und motiviert, dass diese mit der richtigen Ernährung und Bewegung keine Komplikationen bekommen und nicht ins Spital müssen. Die Lebensqualität der Diabetikerinnen wird besser, die Krankenkasse spart Geld und kann tiefere Prämien anbieten. Dafür soll sie belohnt werden.»