Migros erntet Kritik für «tierquälerisches» Fleisch
Die Migros lockert die Tierwohlstandards bei Importfleisch. Tierschutzorganisationen fordern eine Rückkehr zu den ursprünglichen Versprechen des Unternehmens.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei importiertem Fleisch setzt die Migros künftig tiefere Mindeststandards.
- Tierschützer werfen ihr vor, ihre gesellschaftliche Verantwortung zu vernachlässigen.
- Die Migros betont, den Kunden durch Transparenz den die freie Entscheidung zu überlassen.
Die Migros hat angekündigt, ihre Preise zu senken. Nicht nur Früchte und Gemüse sollen günstiger werden, sondern auch Fleisch.
Chef Mario Irminger bestätigte kürzlich eine Änderung in der Unternehmenspolitik: Die Migros könne bei importiertem Fleisch nicht mehr die gleichen Mindeststandards wie bei Schweizer Fleisch garantieren.
Dieser Entscheid sorgt bei Tierschutzorganisationen für scharfe Kritik.
In einem offenen Brief an das Unternehmen äussern 68 Organisationen ihre Bestürzung über seinen Kurswechsel. Darüber berichtet der «Beobachter».
Migros soll Versprechen brechen
Die Organisationen werfen der Detailhändlerin vor, bewusst Fleisch zu importieren, das nicht den schweizerischen Mindestanforderungen für Tierhaltung entspricht. Und daher nach schweizerischem Recht «als tierquälerisch» einzustufen sei.
Diese Praxis widerspreche dem Grundsatz der gesellschaftlichen Verantwortung der Migros. Ein Prinzip, das von Gründer Gottlieb Duttweiler geprägt wurde.
Zudem breche das Unternehmen sein Versprechen an die Generation M, «Schweizer Tierhaltungsstandards bei all ihren Produkten aus dem Ausland einzuführen». So untergrabe sie ihr Engagement für Nachhaltigkeit.
Zu den unterzeichnenden Organisationen gehören die Stiftung für das Tier im Recht (TIR), Pro Nutztier und der Dachverband Berner Tierschutzorganisationen.
Sie fordern die Migros auf, ihre Verantwortung für das Tierwohl wieder ernst zu nehmen. Sie solle die ursprünglichen Standards beibehalten oder sogar ausbauen.
Migros gibt Kunden «Freiheit, bewusst zu entscheiden»
In einer Stellungnahme gegenüber dem «Beobachter» weist die Detailhändlerin die Vorwürfe zurück.
Sie betont, dass sie als erster Schweizer Einzelhändler eine transparente Tierwohlbewertung für Fleisch mit dem M-Check eingeführt hat.
Die Bewertung von Importfleisch könne zwar schlechter ausfallen als die von konventionellem Schweizer Fleisch.
Jedoch fördere das Unternehmen durch den M-Check Transparenz und gebe seinen Kunden «die Freiheit, bewusst zu entscheiden».
Trotzdem kritisieren Tierschützer weiterhin den Import von billigem Auslandsfleisch. Sie argumentieren, dass dies einheimische Anbieter benachteiligt und Arbeitsplätze in der Schweiz gefährdet.
Die Migros betont derweil ihren Einsatz für lokale Rohstoffe und führt eigene Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe in der Schweiz.
Man importiere nur Fleischsorten, bei denen die lokale Produktion nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken.
Migros will Menschen nicht «erziehen»
Die Tierschützer kritisieren auch Chef Irminger direkt. Dieser hatte gegenüber Radio SRF erklärt, man wolle die Menschen nicht «erziehen», sondern verkaufen, was nachgefragt wird.
Die NGOs halten diese Annahme für realitätsfern und argumentieren: «Menschen greifen zu Produkten, die attraktiv und günstig sind – auch wenn sie sich damit selbst oder anderen schaden.»