Pflegeinitiative: Pflegende schlagen wegen Sicherheits-Fehlern Alarm
Pflegende berichten von teils lebensbedrohlichen Fehlern. Wegen Personalmangels werden auch nicht qualifizierte Personen allein gelassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Pflegende berichten von Patienten auf Gängen und fehlendem Vier-Augen-Prinzip.
- Manche Spitäler mussten wegen Personalmangels Betten schliessen.
- Am 28. November stimmt die Schweiz über die Pflegeinitiative ab.
Viele Pflegende sind wegen Personalmangel und Zeitdruck ausgelaugt. Vor rund zwei Wochen gingen deshalb über 5000 Menschen in Bern auf die Strasse, um für die Pflegeinitiative zu demonstrieren. «Die Pflege ist in der Schweiz nicht mehr sicher», sagte eine Teilnehmerin. Es komme wegen Personalmangels zu brenzligen Situationen und Fehlern, worunter die Patienten und die Pflegenden leiden würden.
Über solche brenzligen Situationen und Fehler berichten Pflegende und Ärzte gegenüber der «Rundschau». Es herrsche Betrieb «wie im Kriegsgebiet».
Es würden ständig Patienten auf dem Gang liegen, sodass sie teilweise nicht «im Rahmen sicherer Pflege» behandelt werden könnten. Eine Pflegefachperson berichtete von einem Patienten, der auf dem Gang mit Sauerstoff versorgt worden sei. Erst nach Stunden sei bemerkt worden, dass der Sauerstoff ausgegangen war. Einem anderen Patienten sei Blutverdünner statt Schmerzmittel verabreicht worden – was lebensbedrohlich sein kann.
Eine Pflegerin ohne Ausbildung erzählte gegenüber der «Rundschau», dass sie teilweise alleine in der Aufwachstation arbeite: «Ich habe jedes Mal Angst davor, dass ich etwas verpasse, weil ich es einfach nicht weiss. Weil ich nicht dafür ausgebildet bin.» Mehrere Pflegende berichteten, dass das Vier-Augen-Prinzip häufig nicht eingehalten werde – wegen Zeitdrucks oder Personalmangels.
Auch die Spitalleitungen wissen von den Missständen, wie Mails zeigen, die der «Rundschau» vorliegen. «Es geht aktuell nur noch darum, dass möglichst viele Menschen überleben», informiert ein Spital seine Angestellten. Ein anderes mussten 13 Betten wegen Personalmangels schliessen. Ein weiteres wies die Pflegenden an, «Aufgaben zu reduzieren, welche den Patienten kurzfristig nicht gefährden».
In der Schweizer Pflege muss etwas getan werden. Darüber sind sich Parlament und Bundesrat einig: Wird die Pflegeinitiative nicht angenommen, tritt der indirekte Gegenvorschlag in Kraft. Dieser sieht ein Ausbildungsoffensive vor, verbessert aber die Arbeitsbedingungen nicht, was die Initiative fordert.