Politik kritisiert Bundesgericht für lasche Untersuchung
Nach einer Untersuchung gegen das Bundesstrafgericht schaltet sich nun die GPK ein. Das Bundesgericht habe einen elementaren Rechtsgrundsatz missachtet.
Das Wichtigste in Kürze
- Ende April stellte das Lausanner Bundesgericht die Ergebnisse eines Verfahrens vor.
- Unter anderem das Arbeitsklima beim Bundesstrafgericht wurde dabei stark kritisiert.
- Nun schaltet sich die Politik ein: Ein elementarer Rechtsgrundsatz wurde missachtet.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona geriet 2019 wegen Medienberichten von arbeitsscheuen Richtern, Spesenexzessen, Sexismus und Mobbing in ein schlechtes Licht. Die Verwaltungskommission des Bundesgerichts in Lausanne startete daraufhin im Januar 2020 ein Verfahren.
Ende April folgten schliesslich die Ergebnisse der Untersuchung: Man schlage dem Bundesstrafgericht vor, die amtierende Generalsekretärin zu entlassen. Sie sei ihrer Funktion nicht gewachsen und «am Bundesgericht wäre eine Generalsekretärin ihres Schlages undenkbar».
Zudem ersuche man die Richterinnen und Richter, sämtliche Kollegen und Mitarbeiter «mit Anstand, Höflichkeit und Respekt» zu behandeln.
So ergab das Verfahren nämlich, dass am Bundesstrafgericht ein zu rauer Umgangstons herrsche. «Als bewiesen anzunehmen ist, dass sich einige Bundesstrafrichter bei Meinungsverschiedenheiten mit Untergebenen in Stil und Tonlage vergreifen.»
Kein Mobbing, kein Sexismus und keine Faulheit
In den meisten Punkten hatte die Aufsicht jedoch nur wenig am Bundesstrafgericht zu bemängeln. Demnach seien etwa die Nebentätigkeiten gewisser Richter nicht zu beanstanden.
Auch der Vorwurf, sie seien arbeitsscheu, hielt laut dem Bericht nicht stand. Es gebe zudem nicht genügend Hinweise für Missbräuche bei Spesen, den Vorwurf des Mobbings oder für Fälle von sexueller Belästigung.
Wegen genau dieses Verfahrens steht nun aber das Lausanner Bundesgericht selbst nicht mehr gut da. Bei der Untersuchung der Vorgänge in Bellinzona seien nämlich schwere Fehler gemacht worden, so die Ansicht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat.
Richter konnten sich nicht wehren
Laut einem Schreiben der GPK ans Bundesgericht, das der Sendung «Rundschau» sowie auch Radio SRF vorliegt, habe die Verwaltungskommission «die Gewährung des rechtlichen Gehörs» missachtet.
Einfach umschrieben: Die beschuldigten Richter in Bellinzona konnten sich weder wehren noch Stellung nehmen, bevor der Untersuchungsbericht veröffentlicht wurde.
So sei beispielsweise die ehemalige Generalsekretärin übergangen worden. Nach der Entlassungs-Empfehlung wurde diese nämlich unverzüglich krankgeschrieben. Ende Mai wurde sie schliesslich gänzlich vom Bundesgericht entlassen.
Abschliessend macht die GPK in ihrem Dokument nochmals klipp und klar: Die Oberaufsicht über die Gerichte hat das Parlament inne. Das Bundesgericht muss deshalb nun zu den Vorwürfen Stellung nehmen.