Schäfer geben auf – Wolf-Freunde kritisieren sie
Die Wolfsrisse nehmen zu. Einige Schäfer sind verzweifelt und fordern mehr Regulierung. Wolfs-Freunde sagen hingegen: Regulierung heisse wohl Ausrottung ...
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Schafzucht im Wallis wirft nach einem Wolfsriss den Bettel hin.
- Um einen «Strukturwandel» zu verhindern, fordert eine Expertin mehr Regulierung.
- Das jedoch löst das eigentliche Problem nicht, meint die Gruppe Wolf Schweiz.
23 Jahre lang züchteten Elise und Beat Spycher-Andenmatten aus Eisten VS Walliser Landschafe. Seit einem Juli-Morgen ist damit aber Schluss. Der Grund: sämtliche Schafe waren fort – vier wurden vom Wolf gerissen, alle anderen gelten bis heute als vermisst.
«Ich wollte nur noch sterben. In den Bach springen und den Schmerz hinter mir lassen», so Elise Spycher gegenüber dem «Walliser Boten». Neue Tiere kämen für das Züchterehepaar deshalb nicht mehr in Frage.
Der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband (SAV) sagt auf Anfrage von Nau.ch dazu: «Die Schafzucht kommt wegen dem Wolf unter Druck. Auch Hobbyschafhalter werden sich wahrscheinlich öfters die Frage stellen, ob sich der Aufwand noch lohnt.»
Wolfsrisse in der Schweiz auf Rekordhoch
«Das Problem Wolf hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren sehr stark verschlimmert», sagt Geschäftsleiterin Selina Droz. Die Zahl der Wolfpopulation und damit einhergehend jene der Wolfsrisse steige exponentiell. Allein von 2021 bis 2022 hätten die Übergriffe auf Nutztiere um 529 auf 1480 Fälle zugenommen – neuer Rekordwert.
Dass die Familie Spycher-Andenmatten wegen des Wolfsrisses gleich ihre Existenz aufgibt, versteht man bei der Gruppe Wolf Schweiz allerdings nicht. Grund für die Risse sei nämlich, dass der Herdenschutz nicht ausreichend geleistet wurde.
«Die Schafe weideten ausserhalb des Zaunes und Herdenschutzhunde waren nicht vor Ort», sagt Geschäftsführer David Gerke gegenüber Nau.ch. Die menschliche Präsenz alleine könne einen Wolf nicht fernhalten.
Herdenschutz als wichtigste Massnahme gegen Wolfsrisse
Gerke appelliert an die Schafzüchter deshalb, stets den Herdenschutz zu gewährleisten. Entsprechende Richtlinien wie eben ein Herdenschutzhund oder Elektrozäune wären nämlich auch bei der Familie Spycher-Andenmatten umsetzbar gewesen.
Auch Selina Droz vom Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband (SAV) betont die Wichtigkeit des Herdenschutzes und hofft, dass weiterhin darin investiert wird. Gleichzeitig fordert sie aber auch eine stärkere Regulierung der Wolfsbestände.
«Wir hoffen, dass dies mit dem neuen Jagdgesetz möglich sein wird und sich die Situation bessert», sagt Droz. Andernfalls stehe die Schafzucht vor einem nicht abwendbaren «Strukturwandel».
Regulierung? «Die Schäfer reden zwar von Regulierung, meinen aber meist Ausrottung», erwidert Gerke von der Gruppe Wolf Schweiz. Er lehne deshalb weitere Massnahmen gegen den Wolf ab.
Regulierung sei schon heute möglich, diese ersetze aber einen konsequenten Herdenschutz nicht. «Wenn der Wolfsbestand vor Ort verringert wird, werden deshalb nicht weniger Schafe gerissen. Auch einzelne Wölfe finden jede Lücke im Herdenschutz.»