Schweizer überwinden für ihre Ferien vermehrt den Röstigraben

Keystone-SDA
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Zürich,

Von den Bündner Bergen über die Luzerner Altstadt bis zum Genfersee: Wegen der Coronapandemie verbringen dieses Jahr viele Schweizer ihre Sommerferien im eigenen Land. Weil sie sich dabei noch zu selten über den Röstigraben wagen, haben die Tourismusregionen Massnahmen ergriffen - mit ersten Erfolgen.

Diese sollen zum Beispiel dem wild Campen vorbeugen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Angesichts der Coronavirus-Pandemie und den internationalen Reisebeschränkungen sind Ferien im Inland so beliebt wie selten.

Tourismusfachleute in der Schweiz versuchen den Kunden daher neue Angebote für die bald beginnenden Sommerferien schmackhaft zu machen.

Während sich Deutschschweizer tendenziell gerne im französischsprachigen Teil des Landes aufhalten, sind die Romands gemäss Schweiz Tourismus etwas schwieriger von Ferien ennet der Sprachgrenze zu überzeugen.

Das wird auch in einer aktuellen Statistik von Schweiz Tourismus ersichtlich: Im Schnitt reisen 26,9 Prozent der Schweizer, die im Inland Ferien machen, in die Region Graubünden. Damit ist der Südostkanton bei inländischen Sommerferiengästen am gefragtesten. Aus dem Kanton Waadt und Genf reisen aber beispielsweise nur etwas mehr als 10 Prozent der «Daheimgebliebenen» ins Bündnerland.

Dass Romands weniger gerne in die Deutschschweiz kommen, hat gemäss Schweiz-Tourismus-Sprecherin Véronique Kanel nebst der Entfernung verschiedene Gründe: Einerseits spiele die Sprachbarriere eine grosse Rolle, andererseits seien die Ferienregionen in der Deutschschweiz aber manchmal auch mit ihren Marketingaktivitäten zu wenig in der Romandie präsent. Die vor einigen Wochen lancierte Kampagne «Wir brauchen Schweiz» von Schweiz Tourismus zielt genau auf die Schweizer Heimattouristen ab und will unter anderem dazu motivieren, den Röstigraben zu überwinden.

Eine Stadt, die bereits einigen Erfolg hat mit ihrem Marketing in der Romandie, ist Chur. Sie wird sehr regelmässig von französischsprachigen Touristen besucht, gar häufiger als von italienischsprachigen, obwohl Italien geografisch näher liegt als die Romandie.

«Wir arbeiten mit Führern, die fliessend Französisch sprechen sowie mit einem in der Westschweiz ansässigen Tour-Operator zusammen», sagt Leonie Liesch, Leiterin des Tourismusbüros der Bündner Hauptstadt, gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.

«Wir haben in den vergangenen Monaten ein erhöhtes Interesse von Gästen aus der Westschweiz registriert», sagt auch der Geschäftsführer von Graubünden Ferien, Martin Vincenz. Mit ihrem aktuellen Programm spricht die Tourismusorganisation zwar nicht speziell die Westschweizer, sondern allgemein Gäste aus der Schweiz an. Man weiss jedoch, was Westschweizer Gäste von einer Tourimusregion erwarten: «Im Austausch mit interessierten Westschweizern haben wir festgestellt, dass diese es schätzen würden, wenn mehr Informationen über unsere Region in französischer Sprache vorhanden wären», so Vincenz.

Ein weiterer Anziehungspunkt in der Deutschschweiz ist die Stadt Luzern. Auch sie hat nun ihre Anstrengungen verstärkt, um Romands anzuziehen, da derzeit die chinesischen Touristenbusse schmerzlich vermisst werden. Angebote wie der Tell-Pass, der freie Fahrt mit Bahn, Bus und Schiff in der Region ermöglicht, werden demnächst eingeführt.

In den letzten Wochen hätte man festgestellt, «dass in der Stadt Luzern und auch in einigen Destinationen der Region Vierwaldstättersee bereits jetzt mehr Westschweizer Gäste anzutreffen sind». Gemäss Sibylle Gerardi, Sprecherin von Luzern Tourismus, werden kommenden Mittwoch zudem zwei neue Angebote «spezifisch auch für Besucher aus der Westschweiz» lanciert.

Während Graubünden als beliebteste heimische Sommerferiendestination von den Romands vergleichsweise selten besucht wird, lässt sich das Umgekehrte für das Wallis feststellen. Bei einheimischen Touristen ist das Wallis die zweitbeliebteste Reiseregion. Knapp jeder fünfte reist in den Sommerferien ins Wallis, die Deutschschweizer dabei aber deutlich weniger häufig. Aus Zürich beispielsweise reisen 12,5 Prozent der Heimattouristen im Sommer ins Wallis, aus Zug nur 7,3 Prozent.

Die Organisation Valais/Wallis Promotion, die für das Tourismusmarketing im Wallis verantwortlich ist, hat gemäss Sprecher Patrick Philippoz einen nationalen Fokus. «Das Budget wird zu ca. 2/3 bis 3/4 in die Deutschschweiz investiert und der Rest in die Westschweiz», sagt Philippoz. Damit seien die Werbeaktivitäten in beiden Sprachregionen in Bezug auf die Grösse etwa ausgeglichen. Dazu kämen allerdings noch einzelne Aktivitäten, die einen stärkeren Fokus auf die Deutschschweiz legen, «denn wir glauben, dass ein gewisses Wachstumspotenzial in der Deutschschweiz besteht», so Philippoz.

Studien eines unabhängigen Forschungsinstituts würden den Erfolg der Werbekampagnen insgesamt bestätigen. Da die Beherbergungsstatistik den Wohnort der Gäste allerdings nicht erfasst, sei nicht bekannt, ob bereits mehr Deutschschweizer ins Wallis reisen.

Wie wichtig die Schweizer Touristen dieses Jahr für die gesamte hiesige Hotellerie sein werden, das zeigt ein Blick in die Statistik. Die Schweizer Hotels verzeichneten im Mai nur 0,6 Millionen Logiernächte, ein Rückgang um 79,2 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode, wie das Bundesamt für Statistik am Montag mitteilte. Insgesamt gingen die Übernachtungen von Januar bis Mai um 43,8 Prozent zurück. Davon entfielen gesamthaft 86,4 Prozent der Übernachtungen auf Schweizer Gäste, in Graubünden sogar 94,5, in der Region Luzern 91,1 und im Wallis 88,8 Prozent.

Von den Massnahmen im Tourismus-Bereich, die als Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie getroffen wurden, waren alle Regionen der Schweiz betroffen. So gingen die Logiernächte im Mai in Zürich (-90,9%), der Genferseeregion (-90,8%), der Region Vierwaldstättersee mit Luzern (-80,1) und dem Tessin (-72,3%) deutlich zurück. Die Ostschweiz (-58,4%) und die Region Graubünden (-46,4%) waren etwas weniger stark vom Rückgang betroffen.

In den ersten drei Monaten des Jahres war der Rückgang noch im Tessin (-26%), das als erster Kanton von Covid-19 betroffen war, am ausgeprägtesten gewesen, gefolgt von Zürich (-22,4%) und der Nordwestschweiz (-22%). Die Genferseeregion zeigte sich damals mit einem Rückgang von «nur» 18,9 Prozent etwas widerstandsfähiger, zusammen mit der Region Ostschweiz, die einen Rückgang um 13,4 Prozent verzeichnete.

md/al/kw/tv/tt

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