Tamy Glauser: Darum schlägt ihr so viel Hass entgegen
Neo-Politikerin Tamy Glauser wird harsch kritisiert. Psychoanalytiker Peter Schneider verortet mehrere Gründe für den Hass gegen die Nationalrats-Kandidatin.
Das Wichtigste in Kürze
- Nationalrats-Kandidatin Tamy Glauser polarisiert wie keine Zweite.
- Psychoanalytiker Peter Schneider verortet mehrere Gründe für den Hass.
- Zudem gebe es den üblichen «Bodensatz von Frauenhassern».
Seit bekannt wurde, dass Model Tamy Glauser (34) für die Grünen in den Nationalrat will, wimmelt es nur so von Hasskommentaren gegen die Neo-Politikerin.
Mit der Äusserung, dass Veganerblut gegen Krebs helfe, brachen die letzten Schranken des Hasses. Glauser zeigte sich einsichtig, entschuldigte sich.
Ihre Kritiker liessen sich aber kaum besänftigen. Nau hat sich beim Psychoanalytiker Peter Schneider erkundet, wo die Ursprünge des Hasses liegen.
Nau.ch: Aus welchen Gründen polarisiert Tamy Glauser dermassen?
Peter Schneider: Es sind mehrere Gründe, und die Ablehnung sowie der Hass kommen auch aus mehreren Ecken. Zum einen polarisiert sie als Quereinsteigerin, die politisch nicht sehr beschlagen zu sein scheint.
Mit ihrer Veganerblut-Äusserung hat sie den Beweis dazu gleich auf dem Silbertablett geliefert. Es gibt eine starke Gruppe in der Gesellschaft, für die Impfgegner, Homoöpathen, Naturheiler und so weiter für antiaufklärerisches und unwissenschaftliches Obskurantentum stehen.
Die einen sehen in Tamy Glauser ein Indiz, wie sehr die Grünen von diesem Virus des Humbugs im Grunde infiziert sind, die anderen wollen die Grünen vor solchen Einflüssen bewahren.
Nau.ch: Gibt es noch weitere Gründe?
Schneider: Ja, insbesondere von grüner Politik wird gefordert, dass diese von den grünen Politikerinnen und Politiker «authentisch verkörpert» werden müsse. Dafür ist Tamy Glauser als Model und Vielfliegerin sozusagen der falsche Körper. Sie ist offenkundig keine Greta.
Und dann ist da noch der Bodensatz der üblichen Frauen-, Lesben-, Linken-Hasser und Hasserinnen.
Nau.ch: Was sagen solche Reaktionen über die Schweizer Gesellschaft aus?
Schneider: Darauf habe ich nur eine sehr triviale Antwort. Und wie wenig homogen auch die Linken und Grünen sind.
Denn es ist ja nicht so, dass die Grünen nun unisono begeistert sind, dass der eine Teil des auf dem Boulevard vermarkteten Tamynique-Duos jetzt in den Nationalrat will. Man kann sich ja tatsächlich fragen, welche Leistungen sie für ein Mandat qualifizieren.
Nau.ch: Wie kann man als betroffene Person gegen solch eine Welle des Hasses vorgehen – also nicht nur juristisch?
Schneider: Man muss solche Kommentatoren anzeigen und auch verurteilen. Wenn man erst anfängt zu fragen, wie man sich bei eigentlich klaren Delikten unjuristisch zur Wehr setzt, nimmt man solche Delikte unwillentlich aus dem Spektrum des Strafrechtlichen heraus und macht sie letztlich zu Problemen der Opfer.
*Peter Schneider ist neben seiner Tätigkeit als Psychoanalytiker Satiriker, Kolumnist und als Lehrperson tätig.