Travailsuisse

Travailsuisse: Angestellte gestresster und mehr belastet als früher

Travailsuisse und die Berner Fachhochschule untersuchen jedes Jahr die Zufriedenheit der Arbeitnehmenden. In den letzten Jahren ist die Belastung gestiegen.

Adrian Wüthrich Travail Suisse
Adrian Wüthrich, Präsident von Travailsuisse, an einer Medienkonferenz. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Stress und Belastung auf der Arbeit haben zugenommen, so eine Travailsuisse-Untersuchung.
  • Jede dritte Person überlegt sich, wegen zu viel Stress den Arbeitsplatz zu suchen.
  • Gleichzeitig ist die Sorge um Stellenverlust so tief wie lange nicht mehr.

Zu viel Stress und Belastung: Darüber klagen immer mehr Arbeitnehmende in der Schweiz, wie der «Barometer Gute Arbeit» von Travailsuisse zeigt. Innert sechs Jahren ist der Anteil gestresster Angestellter um fünf Prozentpunkte angestiegen und liegt nun bei 43 Prozent. 650'000 Angestellte – oder jede dritte befragte Person – überlegten sich, aufgrund des Stresses den Arbeitsplatz zu wechseln.

Die Bekämpfung von Stress müsse deswegen eine politische Priorität werden, fordert Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich. Stress könne sich negativ auf die Gesundheit der Arbeitskräfte auswirken, was volkswirtschaftlich schädlich werden könnte.

Travailsuisse: Personalmangel hat gute und schlechte Seiten

Dieser Entwicklung trägt auch die steigende Belastung auf der Arbeit bei. Zwei Drittel der befragten Arbeitnehmenden geben an, auch in der Freizeit gelegentlich zu arbeiten, um die Anforderungen zu erfüllen. Drei von vier Personen nehmen zudem an, dass die Belastung steigen wird. 2022 gehen wieder vermehrt Angestellte trotz Krankheit arbeiten.

Das wiederum hängt vermutlich mit dem Personalmangel zusammen, so Adrian Wüthrich. Einerseits sei er für Arbeitnehmende positiv, weil ihr Arbeitsplatz ihnen sicherer erscheint. «Ein rekordhoher Anteil von 52,1 Prozent der Arbeitnehmenden macht sich keine Sorgen um Stellenverlust», steht im Barometer. 44,5 Prozent stellen sich es einfach vor, bei einem Verlust eine vergleichbare Stelle zu finden.

Sind Sie zufrieden mit ihrer Anstellung?

Aber die Arbeitslast steige, wenn Personalmangel herrsche. «Travailsuisse setzt sich deshalb für ein Recht auch Nichterreichbarkeit ein», sagt Wüthrich. Das könne auch für die Unternehmen gut sein: Glückliche und gesunde Menschen sind auf der Arbeit produktiver.

Frauen sind unzufriedener auf der Arbeit

Der Barometer hat auch die Gender-Aspekte auf der Arbeit untersucht: Mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer in ihren Unternehmen schätzen die Lohngleichheit als nicht eingehalten ein. Frauen sind zudem weniger zufrieden mit der Qualität ihrer Arbeitsbedingungen als Männer.

Pflegefachfrau Pflege CHUV
Eine Pflegefachfrau kümmert sich nach einer Dialyse um einen Patienten am CHUV in Lausanne, 22. August 2022. - Keystone

Diese Unzufriedenheit hängt statistisch mit starren Hierarchien im Unternehmen sowie der Arbeit im Gesundheits- und Sozialwesen zusammen: In den Sinn kommen etwa Pflegeberufe. Ebenfalls unzufrieden sind jene, die ohne Tageslicht arbeiten und sich körperlich schwer betätigen müssen. Umgekehrt ist aber zufriedener, wer Teilzeit arbeitet und einen tertiären Bildungsabschluss hat.

Punkto Lohn unterstreicht Travailsuisse die Notwendigkeit eines vollständigen Teuerungsausgleichs – in allen Branchen. Insbesondere bei jenen, die wirtschaftlich gut abgeschnitten haben, müssten die Arbeitnehmenden am Produktivitätsgewinn beteiligt werden. «Dringend sind Massnahmen bei den Gesundheitskosten», sagt Adrian Wüthrich. Er fordert vom Ständerat eine rasche Erhöhung der Prämienverbilligung in der Wintersession.

Charles Juillard Prämienverbilligung
Ständerat Charles Juillard (Mitte/JU) hatte im September 2022 beantragt, den Entscheid zur Prämienverbilligung für alle zu verschieben. Der Ständerat ist ihm gefolgt. - Keystone

Er kritisiert auch, dass mehrere Unternehmen nicht über die Lohnentwicklung kommunizieren. Gemäss Gesetz müssen Arbeitgebende mit über 100 Angestellten jedes Jahr eine Lohnanalyse durchführen. Die Arbeitnehmenden müssen daraufhin informiert werden. Nur 25,2 Prozent der Befragten geben an, solche Informationen erhalten zu haben.

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