Weihnachten: So bitter ist das Fest für Leute mit wenig Geld
Eine geschmückte Stube, ein voller Tisch und viele Geschenke: Das Bild, das von Weihnachten vermittelt wird, setzt viele Familien unter Druck.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Fest der Liebe kann vor allem für jene zermürbend sein, die nur wenig Geld haben.
- Budgetberater Philipp Frei erlebt an seinen Beratungen traurige Szenen.
- Ein Bauarbeiter weinte, weil er seinen Kindern keine Geschenke kaufen konnte.
An Weihnachten werden die Harmonie und das Glück gross angepriesen. Doch für viele Menschen sind die Festtage alles andere als eine glückliche Zeit. Denn die riesige Konsum-Kulisse, die aufgebaut wird, ist für sie niederschmetternd.
Besonders viel Druck und Stress sind in dieser Zeit jene ausgesetzt, die wenig Geld zur Verfügung haben. «Ich kann mich an einen gestandenen Bauarbeiter erinnern, der weinend anrief, weil er seinen Kindern keine Geschenke kaufen konnte.» Das erzählt Philipp Frei, Geschäftsführer des Dachverbands Budgetberatung Schweiz.
Es seien viele voll arbeitende, unverschuldete Leute, die zurzeit solche finanziellen Probleme hätten. Was dabei besonders belaste; sie könnten wenig gegen die steigenden Kosten tun. «Die Krankenkassen steigen jährlich, der Strom wird teurer. Die Mieten gehen rauf und in eine günstigere Wohnung zu ziehen, ist oft utopisch», so Frei.
Und während der Festtage seien die Finanzprobleme nochmals schwieriger zu ertragen: «Weil man sie nicht von den Kindern fernhalten kann», so der Budgetberater.
Auch wenn die Budgetberatung in der Adventszeit vermehrt Anfragen erhält – Geld könne sie auf die Schnelle keines hinzaubern. «Wir können nur darauf hinarbeiten, dass es nächstes Jahr besser wird», so Philipp Frei.
Eltern müssen für Geschenke auf gesunde Lebensmittel verzichten
Auch Caritas Schweiz kennt viele Familien, für die Weihnachten ein zusätzlicher Stress bedeutet. Sprecher Niels Jost sagt: «In dieser Zeit spüren viele umso mehr, dass sie nicht oder weniger stark am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.»
Von Armut betroffen oder gefährdet seien in der Schweiz überdurchschnittlich viele Familien mit drei und mehr Kindern. Viele Personen hätten ein tiefes Bildungsniveau. Eine vierköpfige armutsbetroffene Familie mit Eltern und zwei Kindern hat gemäss Caritas monatlich maximal 3989 Franken zur Verfügung.
Manche würden es trotz extrem knapper Mittel schaffen, ein paar Franken zu sparen und ihren Kindern ein Geschenk zu machen. «Die Freude der Kinder kann in dieser schwierigen Situation motivierend wirken.»
Doch das habe dann oft auch seine Kehrseite, betont Josty. «Die Eltern selbst müssen dann auf andere Dinge verzichten, wie eine ausgewogene Ernährung oder neue Kleidung.» Deshalb seien Geschenke zu Weihnachten für Leute mit existenziellen Sorgen nicht zuoberst auf der Prioritätenliste.