Wird Amok-Rentner Kneubühl nun verwahrt?
Er verschanzte sich in seinem Haus und schoss einem Polizisten in den Kopf. Neun Tage war er auf der Flucht. Jetzt soll Peter Kneubühl (76) verwahrt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Peter Hans Kneubühl (76) hielt 2010 die ganze Schweiz in Atem.
- Der Amok-Rentner wollte die Zwangsversteigerung seines Elternhauses in Biel BE verhindern.
- Er narrte die Polizei zehn Tage lang und schoss einem Polizisten in den Kopf.
- Kneubühl verweigert sich jeder Therapie. Der Kanton Bern will ihn jetzt verwahren,
Es beginnt am 8. September 2010 eigentlich harmlos. Die Behörden wollen das Elternhaus von Peter Hans Kneubühl in Biel BE besichtigen. Später soll es versteigert werden.
Hintergrund ist ein Erbstreit zwischen Kneubühl und seiner Schwester. Doch anstatt die Tür zu öffnen, verschanzt sich der Rentner im Haus am Mon-Désir-Weg im Lindenquartier in Biel.
Das löst einen Grosseinsatz der Polizei aus. Die Berner Eliteeinheit «Enzian» umstellt das Haus, Spezialtruppen aus anderen Kantonen werden beigezogen.
Dann eskaliert die Situation: Kneubühl schiesst einem Polizisten in den Kopf, der Beamte wird schwer verletzt. Kneubühl flüchtet zu Fuss.
Polizei schlampt gleich mehrmals
Ganze neun Tage lang narrt Kneubühl die Beamten. Die Berner Polizei blamiert sich bei der Suche nach dem Rentner gleich mehrmals.
Die ersten fünf Tage fahndet die Polizei mit einem falschen Bild nach dem Amok-Rentner. Das Bild zeigt seinen Vater. Die Polizei retouchierte das falsche Foto altersgerecht.
Als Kneubühl am dritten Tag im Lindequartier auftaucht, schiesst er mehrfach auf die Einsatzkräfte. Ein Fahnder in Zivil entdeckt zwar den Amok-Rentner. Doch sein Funkgerät steigt just in diesem Moment aus.
Kneubühl ruft an
Als ein Cousin von Kneubühl ihn am sechsten Tag mit einem offenen Brief zur Kontaktaufnahme auffordert, kommt die nächste Panne. Kneubühl meldet sich tatsächlich telefonisch.
Er spricht zehn Minuten lang mit einem Mitglied der Verhandlungsgruppe. Doch wegen Serverproblemen kann der Aufenthaltsort von Kneubühl nicht genau bestimmt werden.
Am 17. September 2010 kehrt er sogar zu seinem Haus in Biel zurück. Der flüchtige Rentner will seinen Briefkasten leeren, weil er einen Brief von den Behörden erwartet.
Eine Frau erkennt Kneubühl frühmorgens unterhalb der Taubenlochschlucht beim Überqueren einer Brücke. Der Baselbieter Polizeihund «Faro» stoppt Kneubühl um 6.09 Uhr mit einem Biss ins Bein. Die Polizei verhaftet den Amok-Rentner auf einer Wiese in Ried bei Biel.
Schlechte Noten für Polizei
Ein externer Untersuchungsbericht hält später fest, dass die Kapo vor dem Einsatz zu wenig Informationen über den aktenkundigen Bieler einholte. Auch meinte sie zu lang, Kneubühl wolle sich von der Polizei erschiessen lassen.
1057 Berner Polizisten fahndeten nach dem Rentner. Neben den Spezialeinheiten aus anderen Kantonen wurde auch Armeematerial eingesetzt. Etwa ein Super-Puma-Helikopter und ein Piranha-Radschützenpanzer mit Räumschild.
Als der Rentner noch auf der Flucht ist, veröffentlicht die Polizei Bilder vom Keller des Hauses in Biel. Kneubühl hortete dort verschiedene Waffen, inklusive Munition. In einem Tresor liegen 50'000 Franken.
Für psychisch krank erklärt
2013 wird Kneubühl vom Regionalgericht in Biel für psychisch krank erklärt. Er leide an Wahnvorstellungen und sei deshalb nicht schuldfähig.
Statt zu einer Gefängnisstrafe wird er zu einer stationären Massnahme verurteilt, der sogenannten kleinen Verwahrung. Doch der studierte Mathematiker und ehemalige Lehrer will sich nicht therapieren lassen.
Um seine Rückverlegung von der Berner Strafanstalt Thorberg ins Regionalgefängnis Thun BE zu erzwingen, tritt Kneubühl 2017 zum zweiten Mal in einen Hungerstreik. Er beklagt sich, dass ihm unter Gewaltanwendung gegen seinen Willen Medikamente intravenös verabreicht wurden.
Verhandlung über Verwahrung am 5. März
Jetzt reicht es den Berner Behörden. Auf Antrag der kantonalen Bewährungs- und Vollzugsdienste soll Kneubühl ordentlich verwahrt werden. Die vor sieben Jahren angeordnete stationäre Massnahme sei aussichtslos.
Am 5. März muss der Rentner deshalb vor dem Regionalgericht in Biel BE antraben.
Auch bei einer ordentlichen Verwahrung gibt es die Möglichkeit, dass der Verurteilte einmal bedingt freikommt. Die Hürden sind allerdings hoch. Der Verurteilte muss sich bewähren.
Nach zwei bis fünf Jahren wird abgeklärt, ob dies der Fall ist. Bei einem negativen Bescheid bleibt Kneubühl weiterhin verwahrt. In der Folge prüft das Gericht regelmässig, ob die Verwahrung noch gerechtfertigt ist.