Zürcher Obergericht bestätigt Freispruch für Dignitas-Gründer
Ludwig A. Minelli lag mehrfache Beihilfe zum Suizid sowie Wucher zur Last. Das Gericht hat ihn nun, nach einem Versäumnis, freigesprochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli wurde vom Zürcher Obergericht freigesprochen.
- Er war wegen mehrfacher Beihilfe zum Suizid sowie Wucher angeklagt.
- Der Freispruch ist die Folge eines folgenschweren Fehlers der Staatsanwaltschaft.
Das Zürcher Obergericht hat Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli vom Vorwurf der Beihilfe zum Suizid freigesprochen. Der Grund liegt in einem folgenschweren Fehler, welcher der Staatsanwaltschaft in dem für sie wichtigen Fall unterlief.
Am 1. Juni 2018 hat das Bezirksgericht Uster den mittlerweile 87-jährigen Juristen und Gründer der Sterbehilfeorganisation Dignitas, Ludwig A. Minelli, vollumfänglich freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte ihm mehrfache Beihilfe zum Suizid sowie Wucher zur Last.
Freispruch ohne genauere Auseinandersetzung
Der zuständige Staatsanwalt sprach von einem «Musterprozess» und zog ihn ans Obergericht weiter. Dieses hat den Freispruch für Minelli nun nach einem schriftlich durchgeführten Verfahren kürzlich bestätigt. Dies, ohne sich mit den Vorwürfen überhaupt auseinanderzusetzen.
Die Staatsanwaltschaft verpasste nämlich eine Frist: Bis zum 15. Juni hätte sie die Begründung ihrer Berufung beim Obergericht einreichen müssen.
Das Datum des Poststempels hätte genügt. Das Sekretariat der Staatsanwaltschaft hat das Dokument jedoch dem internen Kurier statt der Post übergeben. Die heisst es in dem am Donnerstag publizierten Entscheid des Obergerichts.
Begründung der Berufung kam zwei Tage zu spät
Am 17. Juni hat das Obergericht das Dokument erhalten – zu spät. Die nach dem Ende der Frist eingereichte Begründung muss gemäss den Ausführungen des Obergerichts als Rückzug der Berufung gewertet werden. Dadurch wird das Urteil der Vorinstanz rechtskräftig.
Der Staatsanwaltschaft verzichtete auf einen Weiterzug ans Bundesgericht. Unmittelbar, nachdem der Fehler bemerkt worden war, habe man alle juristischen Hebel in Bewegung gesetzt. Man wollte die Berufung doch noch begründen. Das teilte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage mit.
Das gelang aber nicht. Bedauerlicherweise sei das Obergericht in seinem Urteil nicht den Argumenten der Staatsanwaltschaft gefolgt, schrieb diese.
Urteil sei «sorgfältig und stringent» begründet
Das Urteil ist dabei aus Sicht der Staatsanwaltschaft vom Obergericht sehr «sorgfältig und stringent» begründet. Einen Weiterzug ans Bundesgericht hielt sie deshalb für aussichtslos.
Die verpasste Frist sei für die Staatsanwaltschaft sehr ärgerlich, teilte sie mit. Letztlich müsse man sich das aber selbst zuschreiben. «Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu diesem Versäumnis zu stehen», schrieb die Staatsanwaltschaft.