Bauern-Versprechen: Kriegen wir das schriftlich, Herr Parmelin?
Bundesrat Guy Parmelin war auf Charmeoffensive bei den Bauern. Nur: Die Probleme seien weder neu noch unerwartet, schreibt Kolumnistin Meret Schneider.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Parmelin zeigte sich offen für die Anliegen und Probleme der Bauern.
- Parmelin hätte Jahre Zeit gehabt, seine Worte in Taten umzusetzen, findet Meret Schneider.
- Es bleibe zu hoffen, dass diesmal den markigen Ankündigungen entsprechende Taten folgen.
Der Bundesrat im Maisfeld, der Bundesrat im Hühnerstall: Herr Pamelin als Praktiker, Herr Parmelin als Pragmatiker, die Inszenierung lässt nichts zu wünschen übrig. «Ich bin ein praxistauglicher Bundesrat», wird Herr Parmelin inmitten der Hühnerschar in einem Artikel des Tagesanzeigers zitiert – und gibt sich dabei als Winzer auch als Vertreter des Bauernstandes.
Die Charmeoffensive hat denn auch gute Gründe: Nach dem grossen Unmut aufgrund geringer Produzentenpreise und ausufernder Bürokratie von Seiten der Bauern steht nun die Agrarpolitik wieder in den Startlöchern.
Musik in den Ohren der Bäuerinnen
Miturheber Guy Parmelin tut gut daran, sich mit den landwirtschaftlichen Vertreterinnen und Vertretern und der Branche gut zu stellen.
Als Antwort auf die Bauernproteste lud er nun zum Mediengespräch ein. Er versprach weniger Administration und mehr Transparenz. Musik in den Ohren der frustrierten Bäuerinnen und Bauern.
Parmelin verspricht mehr Stabilität
Die Landwirte in der Schweiz kämpften mit verschiedenen Problemen, sagte Parmelin. Er erwähnte die mit dem Klimawandel einhergehenden und zunehmenden Wetterextreme, die steigenden Ansprüche der Gesellschaft für eine nachhaltige Produktion und die teilweise fehlende Wertschöpfung.
Auch verspricht er mehr Stabilität. Laut dem Bundesrat würde sich die Kürzung bei den Direktzahlungen nur kurzfristig auf die Einkommen auswirken. Längerfristig rechne er mit einer Steigerung der landwirtschaftlichen Einkommen, begründet diese Aussage jedoch nicht weiter.
Spannende Aussagen und schöne Worte
Auch will Herr Parmelin bei der Agrarpolitik 2030+ die gesamte Wertschöpfungskette integrieren.
Nicht wie bis jetzt, als man entweder die Anforderungen bei den Produzenten verschärft oder die Konsumentenpreise erhöht habe, meint er. Zu guter Letzt will Parmelin Licht ins Dunkel bringen, wer wie viel verdient: «Es braucht mehr Transparenz entlang der ganzen Kette, um die Verteilung der Wertschöpfung zu sehen.»
Der Bundesrat ist kein Neuling
Spannende Aussagen und schöne Worte, die geradezu danach klingen, als wäre Herr Parmelin ganz frisch in die Agrarpolitik eingestiegen und sähe sich die AP 2030+ nun erstmals an.
Dabei ist Bundesrat Parmelin bereits in seiner gesamten Amtszeit für die Landwirtschaftspolitik zuständig und hat eben noch vor der Sommerpause die Details zu den Kürzungen bei den Direktzahlungen für die Jahre 2026 bis 2029 präsentiert.
Mehr Geld soll auf Kosten von Direktzahlungen für Investitionen in die Infrastruktur eingesetzt werden. Beispielsweise in den Bau von Feldwegen oder in die Modernisierung von Bauten, sogenannte Strukturverbesserungsmassnahmen.
Verständlich ist zwar, dass wegen des allgemeinen Spardrucks auch bei den Bauern gekürzt werden soll. Doch wurden die Beiträge in den letzten Jahren nicht an die Teuerung angepasst. Und laut Herrn Parmelin wird man auch die Direktzahlungen im Zusammenhang mit dem Tierwohl kürzen wollen.
Wo bleibt die Logik?
Erwähnte er nicht eben im Gespräch, eine der grössten Herausforderungen seien auch die steigenden Ansprüche der Gesellschaft an eine nachhaltige Produktion? Und spricht von verbesserter Wertschöpfung?
Eine Kürzung der Tierwohlbeiträge hinterlässt bei den betroffenen Bauern selbstverständlich Unmut – in Anbetracht dessen, dass Ställe auch darum auf mehr Tierwohl ausgerichtet wurden, weil der Bund Tierwohl-Beiträge zugesichert hatte für die Amortisierung über 25 Jahre. Und reisst eine finanzielle Lücke in die Planung. Eine Antwort in Bezug auf die Logik hinter diesen Kürzungen bleibt der Bundesrat schuldig.
Seine Aussagen werfen Fragen auf
Auch die Aussage von Guy Parmelin bezüglich mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette stimmt zunächst zuversichtlich. Sie wirft auf den zweiten Blick aber ebenfalls Fragen auf: Vorstösse, unter anderem von mir, die eine Offenlegung der Margen im Detailhandel und mehr Transparenz in Bezug auf die Produzentenpreise forderten, wurden allesamt ablehnend beantwortet.
Wie also soll Transparenz diesbezüglich hergestellt werden und welchen Weg gedenkt der zuständige Bundesrat hier zu beschreiten?
Wie auch immer das Fazit der Bäuerinnen und Bauern zur Leistung des Bundesrates in Bezug auf die Agrarpolitik ausfallen mag, sollten sie eines nicht vergessen: So schön seine Worte nun auch klingen, er hätte bereits Jahre Zeit gehabt, diese in Taten umzusetzen und direkt in die Agrarpolitik zu integrieren.
Probleme weder neu noch unerwartet
Die beschriebenen Probleme sind weder neu noch unerwartet. Vorstösse und Gelegenheiten, diese konkret anzupacken, hätte es genug gegeben.
Es bleibt zu hoffen, dass diesmal den markigen Ankündigungen entsprechende Taten folgen. Und wenn nicht, dass entsprechende Kritik folgt. Auch wenn, und das muss hier leider als wichtiger Faktor einbezogen werden, die bisherige Akzeptanz der passiven Landwirtschaftspolitik wohl auch der Parteizugehörigkeit zur SVP von Herrn Parmelin geschuldet sein dürfte.
Ich hoffe wirklich, dass hier ein analytischer und neutraler Blick auf das politische Tun geworfen wird und entsprechende Konsequenzen und Kritik folgen, wenn die AP 2030+ nicht hält, was versprochen wurde. Ansonsten verspielt sich auch der Bauernstand seine Glaubwürdigkeit.
Zur Person: Meret Schneider (31) war bis vor Kurzem Mitglied des Schweizer Nationalrats (2019 bis 2023). Sie arbeitet als Projektleiterin beim Kampagnenforum. Weiter ist sie Vorstandsmitglied der Grünen Partei Uster ZH.