CO2-Gesetz: FDP-Stauffacher liest SVP in Gastbeitrag Leviten
FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher kritisiert im Gastbeitrag den Plan von SVP-Nationalrat Christian Imark, der als Alternative zum CO2-Gesetz gilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Susanne Vincenz-Stauffacher lässt im Gastbeitrag kaum ein gutes Haar an Imarks Plan.
- Mit der Ablehnung des CO2-Gesetzes gäbe es geringere Anreize für Innovationen.
- Auch die Herstellung des wichtigen Wasserstoffs wäre dann zu teuer und unattraktiv.
Am dritten Mai 2021 hat SVP-Nationalrat Christian Imark einen 10-Punkte-Plan für eine klimafreundliche Zukunft und damit seine Alternative zur Revision des CO2-Gesetzes präsentiert.
Erfreulich ist, dass ein SVP-Vertreter (endlich) anerkennt, dass in klimapolitischer Hinsicht zusätzliche Massnahmen nötig sind. Mit dem hat es sich aber auch schon wieder. Weil das, was Herr Imark präsentiert hat, ist inhaltlich ziemlich dünn und lässt sich wie folgt kurz zusammenfassen: Klimaschutz dank Wasserstoff.
Es ist auch nicht viel mehr als ein durchschaubares Ablenkungsmanöver. Umso klarer wird das, wenn man in Betracht zieht, dass Herr Imark selbst erst kürzlich im Parlament einen Vorstoss von Nationalratskollegin Gabriela Suter (Motion 20.4406) bekämpft hat, welcher genau eine solche Wasserstoff-Strategie vom Bundesrat fordert.
Für die FDP ist klar, dass die Verwendung von Wasserstoff als Speichermedium für Energie oder als Antrieb in Fahrzeugen einen Teil der Lösung gegen den Klimawandel darstellt. Daraus nun aber zu schliessen, dass man deswegen das CO2-Gesetz ablehnen soll, ist völlig verfehlt. Im Gegenteil: Erst ein Ja zum CO2-Gesetz öffnet den Businesscase für Wasserstoff. Anschaulich wird das an drei konkreten Beispielen.
CO2-Gesetz schafft Planungssicherheit
Erstens schafft das neue CO2-Gesetz Planungssicherheit anhand der Einführung von CO2-Emissionsgrenzwerten für Lastwagen im Gleichschritt mit den EU-Normen. Damit entsteht für die Hersteller ein Anreiz, um bereits früh auf moderne Technologien zu setzen. Die Lastwagen der Zukunft können ihre Energie entweder aus Batterien oder aus mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen ziehen. Denkbar ist auch eine Kombination.
Wird das Gesetz abgelehnt, entfallen die Grenzwerte und der Druck auf die Erneuerung der Flotte wird zunichtegemacht. Die Umstellung wird damit verlangsamt und Schaden fürs Klima in Kauf genommen, da die meisten Lastwagen weiterhin mit Diesel und entsprechend hohem CO2-Ausstoss unterwegs sein werden.
CO2-neutrales Kerosin ist noch zu teuer
Ein zweites Beispiel ist der Nutzen des CO2-Gesetzes für die Erschliessung von neuen Einsatzbereichen und zugunsten der Innovation, zum Beispiel für CO2-neutrale Langstreckenflüge.
Als Freisinnige wollen wir nicht einfach das Fliegen verbieten oder Bürgerinnen und Bürger bevormunden. Es ist auch gar nicht realistisch, dass mit dem Wohlstandszuwachs von Schwellenländern wie Indien oder China weltweit weniger geflogen wird. Darum muss das Ziel sein, möglichst klimaneutral zu fliegen.
Damit das möglich wird, braucht es sogenanntes synthetisches, CO2-neutrales Kerosin. Dieses wird aus Wasserstoff und CO2 synthetisiert. Diese Verfahren existieren bereits, haben aber die industrielle Skalierung bei Weitem noch nicht erreicht.
Oder anders ausgedrückt, es besteht zu wenig Volumen und entsprechend ist das Produkt zu teuer für den Grosseinsatz.
Der im CO2-Gesetz vorgesehene Klimafond sieht ausdrücklich vor, die Innovation bzw. die Produktion von derartigem klimaneutralen Kerosin zu fördern. Eine Ablehnung des CO2-Gesetzes würde diese Innovationen zugunsten des Wasserstoffes auf die lange Bank schieben.
Ablehnung des CO2-Gesetzes käme einem Innovationsstopp gleich
Als drittes Beispiel dient der Gebäudebereich: Das neue CO2-Gesetz setzt hier nämlich neue Anreize für innovative Lösungen. Wie von Nationalrat Imark zu Recht erwähnt, kann Wasserstoff attraktiv sein, um auf Gebäudestufe Energie für Strom und Abwärme in den kalten Wintermonaten zu speichern.
Ein so ausgestattetes Gebäude, allenfalls zusätzlich mit einer Wärmepumpe ausgerüstet, kann klimaneutral beheizt werden und beansprucht zudem in den Wintermonaten das Stromnetz kaum.
Wie beim Treibstoff definiert das neue CO2-Gesetz erstmals einen nationalen Absenkpfad für die CO2-Emissionen von Gebäuden. Damit eröffnet es einen Markt für solche innovativen Lösungen und schafft Planungssicherheit.
Zudem können solche Lösungen sowohl auf Stufe Gebäude wie auch im Rahmen von Fernwärmenetzen mit dem Gebäudeprogramm zusätzlich gefördert werden. Auch diesbezüglich käme die Ablehnung des CO2-Gesetzes einem Innovationsstopp gleich.
SVP bekämpfte jahrelang erneuerbare Energien
Dies sind nur einige Beispiele für den Nutzen des CO2-Gesetzes. Nicht vergessen sollte die SVP in ihrer Strategie aber, wie man überhaupt zu diesem Allheilmittel Wasserstoff kommt.
Bekanntlich braucht es für die Herstellung nämlich eine sehr grosse Menge Strom. Sie argumentieren, dass der Wasserstoff aus temporären Überschüssen von Wasser-, Solar- und Windenergie entstehen soll.
Dieser Strom dient dazu, mittels Elektrolyse Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Das ist in der Tat eine mögliche Strategie. Umso erstaunlicher ist es aber, dass von Seite der SVP seit Jahren der Zubau erneuerbarer Energien über weite Strecken bekämpft wurde.
Ich erinnere dabei gerne an ihre Ablehnung der Energiestrategie 2050. Denn ohne einen raschen und massiven Ausbau von Wind, Solar- und Wasserkraft wird es keinen überschüssigen Strom geben – und somit kaum grünen Wasserstoff.
Wird der Wasserstoff aber stattdessen mittels der sogenannten Reformierung von Erdgas gewonnen, wäre die entsprechende CO2-Bilanz katastrophal. Ein klassischer Fall von sich selbst ein Bein zu stellen.
FDP: Weiterhin offenbleiben für Innovationen
Fazit: Anstatt einem nicht durchdachten und im letzten Moment durchschaubar als Ablenkungsmanöver konzipierten Plan zu folgen, empfiehlt die FDP ein JA zum CO2-Gesetz. Mit diesem Gesetz haben wir eine taugliche und insbesondere technologieoffene Grundlage geschaffen, welche auf Kostenwahrheit und Innovationen setzt.
Die FDP hat sich immer dagegen gewehrt, dass die Politik einzelne Technologien gegen andere ausspielt. Wir sollten auch weiterhin offen für Innovationen bleiben. Wer weiss schon, was die Zukunft an neuen Technologien zugunsten des Klimas bringen wird.