Justizinitiative: SVP-Steinemann erklärt Widersprüche

Barbara Steinemann
Barbara Steinemann

Zürich,

Die Justizinitiative sieht vor, dass Bundesrichter neu ausgelost werden. SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann spricht sich im Gastbeitrag dagegen aus.

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Barbara Steinemann ist Juristin und SVP-Nationalrätin des Kantons Zürich. - svp-zuerich.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Justizinitiative sieht vor, dass Bundesrichter künftig ausgelost werden.
  • Barbara Steinemann spricht sich für die Fortführung der bisherigen Praxis aus.
  • Die Juristin betont, dass weiterhin alle Wertehaltungen am Gericht vertreten sein müssen.

Die Initianten der sogenannten «Justizinitiative» sind von einem tiefen Misstrauen gegenüber unserem Justizsystem geprägt und stören sich insbesondere am Umstand, dass Richter faktisch politischen Parteien angehören müssen.

Das Publikum teilt dieses Misstrauen indes nicht: Im Rahmen des sog. «Sorgenbarometers» werden jährlich Fragen an die Bevölkerung nach der Zufriedenheit mit und dem Vertrauen in die Institutionen gerichtet. Dabei nimmt das Bundesgericht seit Jahren immer den ersten oder zweiten Platz ein. Schon deshalb besteht keine Veranlassung, diese hohe Institution einem Experiment mit fragwürdigem Ausgang auszusetzen.

Justizinitiative: Losglück und -pech würde über Richterkarrieren entscheiden

Damit das Bundesgericht seine wichtige Funktion ausüben kann, müssen seine Urteile und auch seine Urteilenden hohe Akzeptanz und demokratische Legitimation geniessen. Heute geniessen die Richter diese Legitimität: Sie werden indirekt von der Bevölkerung via Volksvertreter gewählt.

Diese demokratische Wahl will die Initiative abschaffen und die obersten Rechtsprecher im Land neu per Los ernennen.

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Das Schweizer Bundesgericht in Lausanne. Die Initianten der «Justizinitiative» sind von einem tiefen Misstrauen gegenüber unserem Justizsystem geprägt. - keystone

Richter am höchsten Gericht der Schweiz zu sein, ist mit einem gewissen Status verbunden. Sollen diese sich ins Gesicht sagen lassen müssen, sie hätten ihre hohe Position in der Schweizer Justiz ja auch nur, weil die Glücksfee ihren Namen aus dem Lostopf gezogen hat?

Wo so wichtige Stellen wie die der höchsten Richter im Staat zu besetzen sind, sollen auch Menschen die Auswahlkriterien vornehmen. Heute obliegt die genauere Prüfung 17 Parlamentariern, die Wahl selbst allen 246 Parlamentsmitgliedern.

Kein einziger Kanton lost seine Justizbehörden aus und sehr wahrscheinlich auch kein anderer Staat.

Seltene Einigkeit gegen die Justizinitiative

Alle Parteien und alle Parlamentarier lehnen diese Initiative ab. Auch der Bundesrat und die Richtervereinigung mit über 600 Mitglieder wollen keine ausgelosten Richter am Bundesgericht. Die unteren Instanzen, also Bezirks- und Kantonsgerichte werden vom Systemwechsel von der Initiative nicht erfasst und würden weiterhin durch Parteien und Parlamente und Bevölkerung organisiert sein.

Das Rekrutierungsfeld des Bundesgerichts würde also immer noch aus parteipolitisch zusammengesetzten Richtern der unteren Instanzen bestehen. Ist das nicht ein grosser Widerspruch?

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Martha Niquille, Präsidentin des Bundesgerichts und Ulrich Meyer, ehemaliger Präsident des Bundesgerichts. - Keystone

Die Mitglieder der Gerichte gehören fast alle einer politischen Partei an. Sie legen damit offen, welchen grundlegenden politischen Werten, Strömungen, gesellschaftlichen Weltanschauungen sie sich zugehörig fühlen. Das schafft Transparenz.

Auch weiterhin sollen, proportional zum Wählerwillen, alle Wertehaltungen am Gericht vertreten sein. Wichtig ist, dass die politischen Parteien keine Möglichkeit haben, Einfluss auf die Urteile zu nehmen. Anders als in europäischen Staaten gibt es in der Schweiz kein Urteil, das unter Einflussnahme von aussen ergangen wäre.

Zur Autorin: Barbara Steinemann, 45 Jahre, ist Juristin und seit 2015 Nationalrätin der SVP des Kantons Zürich.

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