Matter (SVP): Ohne ehrliche EU-Politik geht die Schweiz kaputt
SVP-Nationalrat Thomas Matter schreibt in seiner Kolumne über die Beziehung der Schweiz zur EU. Für ihn ist klar: Ohne ehrliche Politik geht die Schweiz kaputt.
Das Wichtigste in Kürze
- Der bilaterale Weg sei schon vor vielen Jahren durch Brüssel beendet worden.
- Die Schweiz verdiene ehrliche Politiker, die ehrliche Begriffe verwenden.
- Eine Kolumne von SVP-Nationalrat Thomas Matter.
Seit Jahren beharrt die Europäische Union darauf, keine neuen bilateralen Verträge mit der Schweiz mehr abzuschliessen, ohne zuvor die «institutionellen Fragen» ein für alle Mal zu klären.
Konkret fordert Brüssel die automatische, beziehungsweise dynamische Übernahme von künftigem und früherem EU-Recht und die Interpretationsgewalt durch EU-Richter. Die EU verlangt von der Schweiz also keine Rechtsentwicklung zwischen Gleichberechtigten, sondern die Unterordnung – und dies bereits seit 2008.
Am 8. Dezember 2008 hielt der EU-Ministerrat bezüglich der Beziehungen zur Schweiz fest, dass die Teilnahme am europäischen Binnenmarkt die einheitliche und gleichzeitige Anwendung und Interpretation der EU-Regeln erfordere.
Die EU-Länder sprachen von einem Rahmenabkommen mit der Schweiz, das die «Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes bei allen Abkommen sowie einen Mechanismus beinhaltet, mit dem die regelmässige Aktualisierung und einheitliche Auslegung dieser Abkommen gewährleistet wird». Seit 2008 ist es der erklärte Wille der Europäischen Union, in den Beziehungen zur Schweiz einen einheitlichen Rechtsraum zu schaffen.
«Weg der bilateralen Vereinbarungen hat ausgedient»
Der bilaterale Weg wurde also schon vor vielen Jahren durch Brüssel beendet. So sprach auch EU-Kommissarin Viviane Reding vor zehn Jahren Klartext: «Ich bin seit längerem der Meinung, dass der Weg der bilateralen Vereinbarungen ausgedient hat.»
Die Blätter der CH Media titelten damals auch offen: «Der bilaterale Weg hat ausgedient». Und doch behaupten jetzt die Wirtschaftsverbände und viele Politiker wider besseres Wissen, es gehe um «Bilaterale III», also um Verträge auf Augenhöhe unter Gleichberechtigten.
In der Sendung «Arena» des Schweizer Fernsehens behauptete die grünliberale Ständerätin Tiana Moser, es gehe beim neuen Rahmenabkommen um eine «stabile Basis, basierend auf den Bilateralen». Wenn wir jetzt nicht zustimmten, gebe es das «Modell Bilaterale» nicht mehr.
Und die Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter meinte wörtlich: «Wir brauchen eine Stabilisierung der bilateralen Verträge.» Denn wir müssten jetzt mit Brüssel «die bilateralen Verträge ins Trockene bringen».
Unser Land verdient ehrliche Politiker
Entweder nehmen diese laut bekennenden «Bilateralisten» die EU nicht ernst. Oder sie täuschen bewusst unsere Bürgerinnen und Bürger und nehmen damit den Souverän nicht ernst. Beides ist verwerflich.
Die Schweizer Unterhändler haben mit der EU in einer gemeinsamen Absichtserklärung ausdrücklich festgelegt, es gehe um eine «institutionelle Lösung, die in jedes der fünf bestehenden sowie in künftige Abkommen in den Bereichen des Binnenmarkts, an dem die Schweiz teilnimmt, eingebettet werden sollen».
Eine direkte Demokratie, wie sie die Schweiz kennt, ist angewiesen auf ehrliche Informationen der Politiker. Wer jetzt angesichts der bevorstehenden institutionellen Bindung mit EU-Rechtsübernahme und EU-Gericht in letzter Instanz von «Bilateralen III» oder von einer «Stabilisierung des bilateralen Wegs» schwafelt, belügt vorsätzlich das Volk.
Selbst Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) redet mittlerweile von der Fortführung des bilateralen Wegs. Obwohl er einräumen muss, dass das Wort «bilateral» in Brüssel unerwünscht ist, «weil es suggeriert, dass die Schweiz einen Sonderstatus hat».
Unser Land verdient ehrliche Politiker, die ehrliche Begriffe verwenden. Denn schon Konfuzius sagte: «Wenn Wörter ihre Bedeutung verlieren, verlieren Völker ihre Freiheit.»
Zur Person: Thomas Matter ist Unternehmer und SVP-Nationalrat.